Streit in der Union : Friedrich legt Merkel Parteiaustritt nahe – oder?
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Ein Bild aus besseren Zeiten: Friedrich (damals noch Bundesinnenminister) mit Kanzlerin Merkel im Gespräch auf der Regierungsbank im Bundestag Bild: dpa
„Der Merkel-Flügel der CDU kann sich ja ins rot-grüne Team verabschieden“, schreibt Unionsfraktionsvize Friedrich auf Twitter. Im FAZ.NET-Gespräch gibt sich der frühere Innenminister versöhnlicher – das Misstrauen in der Union dürfte er trotzdem befeuert haben.
So schlecht war die Stimmung in der Union schon lange nicht mehr, wahrscheinlich sogar noch nie. Je unbeirrter Angela Merkel in der Flüchtlingskrise bei ihrem „Wir schaffen das“-Kurs bleibt, desto massiver wird die interne Kritik – vor allem von Seiten der CSU. Immer wieder drohte deren Vorsitzender Horst Seehofer der Kanzlerin in den vergangenen Monaten; mit einer Klage gegen ihre Flüchtlingspolitik vor dem Bundesverfassungsgericht oder, wie jetzt am Donnerstag, mit einer bundesweiten Ausdehnung der CSU. Das Ende der Fraktionsgemeinschaft der Union – ein Szenario, das vielen in der CSU umso attraktiver scheint, nachdem die CDU die drei Landtagswahlen vom Wochenende krachend verloren hat.
Die jüngste Verschärfung des immer heftigeren Tons lieferte am Freitagmorgen der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion und frühere CSU-Innenminister Hans-Peter Friedrich, der sich in den vergangenen Wochen schon mehrfach mit beißender Kritik an Merkel zu Wort gemeldet hatte. „CDU und CSU lassen sich nicht spalten“, schrieb Friedrich auf Twitter. Gefolgt von dem Satz: „Der Merkel-Flügel der CDU kann sich ja ins rot-grüne Team verabschieden.“
#CDU und #CSU lassen sich nicht spalten. Der #Merkel-Flügel der CDU kann sich ja ins rot-grüne Team verabschieden.
— Hans-Peter Friedrich (@HPFriedrichCSU) 18. März 2016
Von vielen wurde der Satz danach so ausgelegt, dass Friedrich der Kanzlerin wegen ihrer (Flüchtlings-)Politik indirekt den Parteiaustritt nahegelegt und die Spaltung der Union, die er doch im gleichen Tweet verneinte, damit erst eigentlich befeuert habe. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt wies den Tweet am Freitag als „Gerede“ zurück und fügte hinzu, sie wisse nicht, „was solches Gerede bringen soll“. Auch in der CDU waren viele schockiert. „Muss eine besondere Spielart des bayerischen Humors sein“, postete etwa der Frankfurter CDU-Bundestagsabgeordnete Matthias Zimmer auf Facebook.
Auch wenn er sich im Gespräch mit FAZ.NET wieder beschwichtigender gibt und seinen Tweet nicht so gemeint haben will: Den Riss, der längst mitten durch die Union geht und der täglich größer zu werden droht, dürfte Friedrich mit seiner Äußerung eher noch befeuert haben.
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Herr Friedrich, wegen der Flüchtlingskrise war die Stimmung zwischen CDU und CSU vielleicht noch nie so schlecht wie jetzt. Ihr Parteivorsitzender Horst Seehofer schließt ein bundesweites Antreten der CSU ausdrücklich nicht mehr aus. Steht die Union vor der Spaltung, wie Ihr Parteifreund Alexander Dobrindt warnt?
Die Spannung ist unübersehbar, aber zu einer Spaltung wird es nicht kommen und niemand stellt die Fraktionsgemeinschaft infrage. Auch eine bundesweite Ausdehnung der CSU steht nicht auf der Tagesordnung.
Sie haben heute morgen auf Twitter geschrieben, „der Merkel-Flügel kann sich ja ins rot-grüne Team verabschieden“. Das klang aber sehr nach der Drohung einer Spaltung, finden Sie nicht?
Nein, gerade nicht. Der überwiegende Teil von CDU und CSU vertritt die gleiche politische Auffassung. Was ich mit meinem Tweet meinte, war: Wer möchte, dass die deutsche Politik nach links rückt, der soll künftig bitte Rot-Grün wählen, aber damit nicht mehr die Union behelligen. Und wer solche Positionen bei der CDU/CSU vertritt, der hätte ja mit Rot-Grün eine Alternative.
Das klingt, wie schon der Tweet von heute morgen, wie eine Austrittsforderung an Angela Merkel, die in der Union ja gerade für ihre sozialdemokratische Politik kritisiert wird – vor allem von Ihnen.
Das ist doch Quatsch, es geht mir überhaupt nicht um Personen, sondern um inhaltliche Positionen. Es geht um eine Rückbesinnung der CDU auf ihren Markenkern, den anscheinend einige aus den Augen verloren haben.
Streit in der Union gab es schon oft, schon Franz-Josef Strauß hat 1976 mit dem Austritt der CSU gedroht, das aber schnell wieder einkassiert, als die CDU damit drohte, in Bayern anzutreten. Überwiegen jetzt vielleicht die Vorteile einer Spaltung?
Nein, es gibt auch heute überhaupt keine Vorteile einer Spaltung, CDU und CSU sind ein gutes Gespann. Wir wären ziemlich schlecht beraten, wenn wir das aufgeben würden.
SPD-Generalsekretärin Barley sieht Merkel schon im „Team SPD“. Sie empfiehlt der CSU, bundesweit anzutreten, weil die CSU für sich in Anspruch nehme, die einzige Partei zu sein, die die AfD klein halten könne. Ist das so?
Alle Parteien können die AfD klein halten, wenn sie sich nur wieder den Sorgen und Nöten der Bürger widmen. Frau Barley sollte sich deshalb lieber um ihre eigene Partei kümmern. Da hat sie nach dem desaströsen Ergebnis der SPD in Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg genug zu tun.
Wahlforscher beziffern das bundespolitische Potential der CSU sogar relativ gut: Eine Insa-Umfrage sah eine bundesweite CSU Anfang Februar bei 19 Prozent. Glauben Sie, dass Frau Merkel dieses Szenario mittlerweile vielleicht doch ernst nimmt?
Wie ernst Frau Merkel das nimmt, weiß ich nicht. Ich halte von einem Alleingang der CSU jedenfalls gar nichts. Denn ein Potential zu haben, heißt ja nicht, dass wir das dann auch ausschöpfen könnten.
Sie haben Angst, dass die CSU bundesweit scheitern würde, wenn die Entfremdung in der Union sich weiter verschärfen und die CSU den Alleingang wagen würde?
Es gibt keine Entfremdung, und es wird auch keinen Alleingang geben. Die CSU marschiert an der Seite der CDU. Das wird auch so bleiben.