Spähaffäre : Signale für Umdenken im Weißen Haus
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Zaunperspektive: Das Weiße Haus in Washington Bild: REUTERS
Nach dem Unmut vieler Bündnispartner über die Spionagetätigkeiten der NSA wird in Amerika Grundsätzliches diskutiert. Regierungsmitglieder stellen die bisherigen Methoden in Frage.
Die Vorwürfe wegen der Bespitzelung ausländischer Regierungen durch den amerikanischen Geheimdienst NSA führen innerhalb des Weißen Hauses möglicherweise zu einem Umdenken. Nach einem Bericht der „New York Times“ streiten Vertreter der Geheimdienste und der Regierung hinter den Kulissen darüber, wie viele Details das Weiße Haus über die Abhöraktionen erhalten hat. „Das war eine kolossal falsche Entscheidung – etwas zu tun, weil man es tun kann, anstelle zu fragen, ob man es tun sollte“, sagte ein langjähriger Regierungsmitarbeiter mit Europaerfahrung. Regierungsvertreter machten keine Angaben darüber, ob Präsident Barack Obama darüber informiert war, dass das Mobiltelefon von Bundeskanzlerin Angela Merkel abgehört wurde. Obama glaube aber nicht, dass sich die amerikanische Regierung damit „am richtigen Ort“ befinde.
Auch Außenminister John Kerry signalisierte, dass die Amerikaner die bisherigen Methoden in Frage stellten. „Der Schutz der Bürger in der heutigen Welt ist eine sehr komplizierte, sehr herausfordernde Aufgabe“, sagte Kerry. „Wir in den Vereinigten Staaten überprüfen derzeit die Art und Weise, wie wir uns Informationen beschaffen.“ „Wir werden weiterhin Informationen sammeln, um uns und unsere Verbündeten sicher zu halten“, schrieb indes die Sicherheitsberaterin Lisa Monaco in der Zeitung „USA Today“. Außerdem würden die Aktivitäten der NSA bereits untersucht, etwa durch die im August geschaffene Untersuchungsgruppe.
Die ehemalige amerikanische Außenministerin Madeleine Albright wies unterdessen auf Spionageaktivitäten europäischer Länder hin. Frankreich habe sie Mitte der neunziger Jahre bespitzelt, als sie Botschafterin bei den Vereinten Nationen war, sagte Albright am Donnerstag. Französische Diplomaten seien wegen einer „Abfangaktion“ über ein privates Gesprächs Albrights informiert gewesen. „Das überrascht Leute nicht – Länder spionieren sich gegenseitig aus“, sagte Albright in einer Rede vor dem Center of American Progress, einer Denkfabrik in Washington.
Obama hatte am Montag mit Frankreichs Präsident François Hollande wegen der neuen Vorwürfe der Bespitzelung französischer Telefonate durch den NSA gesprochen. Nicht alle der Veröffentlichungen stimmten, manche aber hätten legitime Besorgnis ausgelöst, teilte das Weiße Haus mit, ohne in Einzelheiten zu gehen. Am Mittwoch hatte Obama mit der Bundeskanzlerin gesprochen, um ihr zu versichern, dass die Vereinigten Staaten ihre Kommunikation nicht abhörten und auch nicht abhören würden, wie der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney, später mitteilte. Offen ließ der Sprecher indes, ob das Handy der Kanzlerin in der Vergangenheit überwacht worden ist. Über Vermutungen, dass dies in der Vergangenheit geschehen sein könnte, sagte Carney am Donnerstag lediglich: „Wir kommentieren nicht jede angebliche Geheimdienstaktivität.“ Obamas Telefonate fügen sich ein in eine Reihe Beschwichtigungsversuche im Zuge der Veröffentlichungen über die Abhöraktionen des Militärgeheimdienstes NSA.