
Militäraktion nahe Kobane : Syrien wertet Einsatz der Türkei als „unverhohlene Aggression“
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Einsatz beendet: Türkische Panzer kehren in die Türkei zurück, nachdem sie erfolgreich zum Grabmal von Suleyman Shah vorgedrungen waren. Bild: dpa
Das syrische Außenministerium verurteilt den türkischen Militäreinsatz in der Nähe der Stadt Kobane als „Aggression gegen syrisches Gebiet“. In einer nächtlichen Aktion hatten türkische Soldaten die sterblichen Überreste eines wichtigen Osmanen aus einem Grab geholt.
Die syrische Regierung hat erbost auf den Militäreinsatz der Türkei in der Nähe der Grenzstadt Kobane reagiert. Das syrische Außenministerium verurteilte den Einsatz mit den Worten: „Die Türkei begnügt sich nicht damit, den Banden des Islamischen Staats, der Al-Nusra-Front und anderen Terrorgruppen wie Al-Kaida jede mögliche Form der Unterstützung zu gewähren, sondern hat nun auch am Morgen eine unverhohlene Aggression gegen syrisches Gebiet geführt“, erklärte das Ministerium. Das syrische Konsulat sei zwar am Vorabend informiert worden, doch habe Ankara eine Zustimmung Syriens nicht abgewartet.
In der Nacht zum Sonntag hatte die Türkei einen Militäreinsatz beendet, um die sterblichen Überreste von Suleyman Shah vor der Terrororganisation IS zu retten. Dazu drangen 700 Soldaten zu dem Grabmal vor, das in einer türkischen Exklave rund 30 Kilometer im Landesinneren von Syrien liegt. Nachdem sie die sterblichen Überreste gesichert hatten, machten die Soldaten das Mausoleum dem Erdboden gleich, damit Kämpfer des Islamischen Staats es nicht mehr verunstalten können. Die Islamisten lehnen die Verehrung von Gräbern als Götzendienst ab. Sie haben daher bereits eine Reihe von Gräbern und Moscheen in Syrien zerstört.
Suleiman Shah gilt als Großvater des Gründers des Osmanischen Reiches. Das Mausoleum wurde bislang von 38 türkischen Soldaten bewacht. Sie sollten es gegen Angriffe von Aufständischen schützen. Weil der IS vorrückt, war das der türkischen Regierung aber offenbar nicht mehr sicher genug. Die Zeitung „Hürriyet“ berichtet, der Kontakt zur Wachmannschaft sei schwierig gewesen. Die Soldaten hätten acht Monate lang nicht ausgetauscht werden können.
Die Aktion sei erfolgreich gewesen, teilte der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu auf Twitter mit. Allerdings sei ein Soldat durch einen Unfall ums Leben gekommen, berichtete ein Vertreter des türkischen Militärs.
Kämpfe in Kobane monatelang ignoriert
Politisch brisant sind vor allem die Details des zweitägigen Einsatzes „Sah Firat“ und seine politischen Umstände: Wie die New York Times berichtet, fuhren die türkischen Truppen mit Panzern und anderem schweren Militärgerät durch die Kurdenstadt Kobane. Die Grenzstadt war monatelang von IS-Truppen heftig bedrängt worden, doch die Türkei griff trotz mehrfacher Bitten ihrer Nato-Verbündeten nicht in den Kampf ein. Das geschah nun erst im Fall des für die türkische Regierung wichtigen Mausoleums. Ansonsten weigert sich die Türkei aber noch immer, aktiv an dem von den Vereinigten Staaten geführten Militäreinsatz gegen den IS teilzunehmen.
Den in Syrien gelegenen Ort des Grabes betrachtet die Türkei als eigenes Hoheitsgebiet. Sie beruft sich auf einen entsprechenden Vertrag mit Frankreich aus dem Jahr 1921. Damals wurde Syrien von Frankreich beherrscht.
Berichte über die Aktion verschwanden laut New York Times nahezu unmittelbar nach ihrem Erscheinen wieder von türkischen Internetseiten.