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Wie SPD und CDU die Jungen verloren : Alles Rezo, oder was?

  • -Aktualisiert am

Klimastreik am Freitag in Berlin Bild: AFP

Nachzuweisen, welche Auswirkung Rezo auf die Europawahl hatte, ist praktisch unmöglich. Aber über den Zusammenhang zwischen Alter und Wahlverhalten wissen wir sehr präzise Bescheid – und die Zahlen der vergangenen 40 Jahre sprechen eine klare Sprache. Ein Gastbeitrag.

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          Rezo ist der Mann der Stunde. Er hat im Alleingang die Wahl entschieden. Seinen Followern gesagt, was sie tun sollen und die haben das dann pflichtschuldigst in die Tat umgesetzt. Am Ende haben die Grünen gewonnen, vor allem dank der jungen Leute, während SPD und CDU drastisch verloren – genau, wie Rezo es empfohlen hatte. Die einschlägigen Grafiken am Wahlabend, die das Wahlverhalten nach Alter aufgeschlüsselt haben, lieferten doch den Beweis. Oder?

          Der Wunsch, nachzuweisen, was das Rezo-Video letztlich bewirkt hat, ist allgegenwärtig. Ihn zu erfüllen, praktisch unmöglich. Aber man kann zumindest versuchen, sich der Frage indirekt zu nähern. War das Wahlverhalten verschiedener Altersgruppen bei der Europawahl 2019 eigentlich außergewöhnlich? Oder lief einfach alles wie immer?

          Ältere wahlfreudiger als Jüngere

          Über den Zusammenhang zwischen dem Alter einer Person und ihrem Wahlverhalten wissen wir sehr präzise Bescheid – der repräsentativen Wahlstatistik des Bundeswahlleiters sei Dank. In ausgewählten Stimmbezirken sind Stimmzettel so markiert, dass man das Alter (genauer gesagt: die Altersklasse) sowie das Geschlecht einer Person ablesen und so mit ihrem Wahlverhalten in Verbindung bringen kann.

          Thorsten Faas ist Professor für „Politische Soziologie der Bundesrepublik Deutschland“ am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft an der FU Berlin.
          Thorsten Faas ist Professor für „Politische Soziologie der Bundesrepublik Deutschland“ am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft an der FU Berlin. : Bild: Peter Pulkowski

          Auf dieser Basis wissen wir schon lange, dass ältere Menschen viel wahlfreudiger sind als jüngere, dass aber zugleich Erstwähler eine etwas höhere Wahlbeteiligung haben als die nächstältere Gruppe, die der 25- bis 29-Jährigen. Und auf dieser Basis können wir auch nach Mustern suchen, zum Beispiel, wie das Alter einer Person mit ihrer Parteiwahl zusammenhängt.

          Falls Rezo tatsächlich eine nachhaltige Wirkung bei jungen Menschen entfaltet hat, die über übliche Wirkkräfte hinausgeht, dann müsste das Wahlverhalten junger Menschen im Vergleich zu älteren Menschen dieses Mal anders aussehen als bei früheren Wahlen. Nach seinem Aufruf zur „Zerstörung der CDU“ sollte gerade die CDU schlechter abgeschnitten, die Grünen dagegen profitiert haben. Aber stimmt das?

          Werfen wir also einen Blick auf die Muster der repräsentativen Wahlstatistiken zu den Europawahlen 1979 bis 2014 und ergänzen diese um Ergebnisse der Wahltagsbefragungen von infratest dimap zur Europawahl 2019. (Die Ergebnisse der repräsentativen Wahlstatistik 2019 liegen derzeit noch nicht vor.)

          Hat Rezo die Union aus CDU und CSU zerstört? Vergleicht man die Stimmenanteile, die die Union bei Wählern zwischen 18 und 24 Jahren bei den zurückliegenden Europawahlen bekommen hat, mit den Anteilen bei Menschen, die 60 Jahre und älter sind, so wird deutlich: Die Union war noch nie stark bei Erstwählerinnen und Erstwählern. Der Unterschied zwischen beiden Gruppen lag bei den Europawahlen 1979 bis 2014 im Durchschnitt bei 17 Prozentpunkten.

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