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Schutz für Whistleblower : Der Bundesrat hält das Hinweisgeberschutz-Gesetz auf

Das geplante Hinweisgeberschutzgesetz findet keine Zustimmung in der Länderkammer. Bild: dpa

Das Gesetzesvorhaben der Ampel für mehr Whistleblower-Schutz ist am Veto der unionsgeführten Bundesländer gescheitert. Für Unternehmen, Behörden und Hinweisgeber herrscht nun weiter rechtliche Unsicherheit.

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          Die Mehrheit der Bundesländer hat am Freitag im Bundesrat das geplante Hinweisgeberschutzgesetz gestoppt. Damit geht das von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) vorgelegte und vor wenigen Wochen im Bundestag verabschiedete Gesetz in den Vermittlungsausschuss. Schon im Vorfeld der Bundesratssitzung hatte sich abgezeichnet, dass die von CDU/CSU regierten Länder dem Gesetzesvorhaben nicht zustimmen werden.

          Marcus Jung
          Redakteur in der Wirtschaft.

          Ein effektiver Hinweisgeberschutz sei notwendig, die Frist zur Umsetzung einer EU-Richtlinie sei seit Dezember 2021 abgelaufen, erklärte Georg Eisenreich (CSU), der bayerische Staatsminister für Justiz. Das seit Dezember 2022 vorgelegte Gesetz geht seinen Worten nach aber weit über das hinaus, was das Europarecht verlange und was sinnvoll sei. „Es führt in wirtschaftlich ohnehin schwierigen Zeiten zu hohen Kosten und zusätzlicher Bürokratie, gerade für kleinere und mittlere Unternehmen. Ein ausgewogener Hinweisgeberschutz sieht anders aus, Bayern wird dem Gesetz daher in seiner jetzigen Form nicht zustimmen“, erklärte Eisenreich im Bundesrat.

          Auch Hessen fordert Nachbesserung

          Kritik übte der CSU-Politiker vor allem am deutlich ausgeweiteten sachlichen Anwendungsbereich des Gesetzes zum Schutz sogenannter Whistleblower. Eisenreich forderte von der Regierung mehr Augenmaß, die zusätzliche Belastung für Unternehmen sei so nicht hinnehmbar. „Die Ampel verstößt gegen ihr eigenes Belastungs-Moratorium vom vergangenen September.“ Die nun vorliegende Umsetzung könne sich für die deutsche Wirtschaft als „Wettbewerbsnachteil“ darstellen, sagte Eisenreich.

          Unterstützung erhielt er vom hessischen Justizminister Roman Poseck (CDU). Der Hinweisgeberschutz müsse unterschiedliche Interessen in einen angemessenen Ausgleich bringen – „diesen Anforderungen wird das Gesetz bislang nicht gerecht“, sagte der Jurist, der lange dem Oberlandesgericht Frankfurt als Präsident vorgestanden hatte.

          Das geplante Hinweisgeberschutzgesetz gilt für Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten. In Deutschland seien dies 90.000 Unternehmen, rechnete Poseck vor. „Es ist bedauerlich, dass wir erst heute im Bundesrat über dieses Gesetz sprechen können.“ Die Verantwortung dafür liege nicht bei den Ländern, sondern in der Zuständigkeit des Bundes und eines sehr schleppenden Gesetzgebungsverfahrens. „Aus meiner Sicht kann daher nicht von den Ländern erwartet werden, das Gesetz einfach so durchzuwinken“, erklärte der CDU-Politiker.

          Mehrbelastung von 400 Millionen Euro

          Zwar teile man das Ziel des Gesetzes, Hinweisgeber zu schützen. Das geplante Vorhaben reiche weit in andere Gesetze hinein, wie das Ordnungswidrigkeitenrecht, das wiederum stelle aber nur Verwaltungsunrecht dar, sagte Poseck. Die im Gesetz vorgesehene Einrichtung anonymer Meldekanäle bezeichnete er als unverhältnismäßige Erweiterung. Dadurch entstünden den Unternehmen jährliche Mehrbelastungen in Höhe von 400 Millionen Euro. Zudem könne die Anonymisierung zu Verletzung von Persönlichkeitsrechten führen. Poseck mahnte: „Nicht jeder Whistleblower führt Gutes im Schilde.“ Hessen enthielt sich in der Abstimmung.

          Mit dem Gesetz sollen Menschen, die Hinweise auf Missstände in Behörden oder Unternehmen geben, besser vor Repressalien geschützt werden. Es regelt Meldungen zu Betrügereien, Korruption und anderen Missständen. Die zugrundeliegende EU-Richtlinie hätte Deutschland bis Dezember 2021 in ein nationales Gesetz umsetzen müssen.

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