Stolz auf die einstige Friedrichstraße von Qingdao
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Einmal im Jahr feiern sie in Qingdao das Oktoberfest. Bild: thomas dworzak / Magnum Photos /
Ein Heimatforscher aus Qingdao will in China positiv an die deutsche Kolonialgeschichte erinnern. Das stößt in beiden Ländern an Grenzen.
Selbst sperrige deutsche Worte wie „Seesoldaten“ und „Genesungsheim“ gehen Zhu Yijie leicht über die Lippen. „Sehen Sie, das Seemannshaus hier ist heute ein Club für Filmgeschichte“, sagt der Stadthistoriker aus Qingdao in fast fehlerfreiem Deutsch. Zhu sitzt im Garten der früheren Residenz des deutschen Gouverneurs in der Küstenstadt im Osten Chinas. Von hier aus hat man einen weiten Blick über die Altstadt, den Hafen und das Meer. Vor sich hat Zhu einen Stapel Postkarten aus der Kolonialzeit ausgebreitet. Die freundlichen Grüße, die irgendwelche Deutschen vor 120 Jahren darauf geschrieben haben, kann man heute kaum noch entziffern. Doch dem Historiker fällt zu jeder seiner Karten eine Geschichte ein. Und er kann sie mühelos im heutigen Stadtbild verorten. „Der Hügel hier, das ist der da drüben“, sagt er und zeigt mit dem Finger nach Osten. Die Karten hat er bei einem deutschen Flohmarkthändler im Internet gekauft.
Der Stadthistoriker, der an der Universität von Qingdao Deutsch unterrichtet, versteht sich als Mittler zwischen den Kulturen. Er will zum gegenseitigen Verständnis zwischen Deutschland und China beitragen. Auch durch das gemeinsame Erinnern an die Kolonialgeschichte. Das ist freilich nicht so einfach. Da sind zum einen die Sensibilitäten auf chinesischer Seite. Die deutsche Besatzungszeit war Teil des „Jahrhunderts der Schande“, damit ist die Zeit zwischen 1840 und 1942 gemeint. Damals trotzten imperialistische Mächte dem chinesischen Kaiserreich mit Waffengewalt ungleiche Pachtverträge und Reparationszahlungen ab.
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