OECD und Weltbank warnen : Stagflation wie in den Siebzigern am Horizont
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Der Schatten der Stagflation liegt über der Weltwirtschaft. Bild: dpa
Nach der Weltbank streicht jetzt auch die OECD ihren Ausblick für die Weltwirtschaft zusammen. Mit der gleichzeitig stark steigenden Inflation ergibt sich damit eine gefährliche Mischung.
Die OECD hat ihre Prognose für das Wachstum der Weltwirtschaft wegen des Krieges in der Ukraine deutlich nach unten korrigiert. Statt mit bislang 4,5 Prozent wird nun im laufenden Jahr nur noch mit einem Wachstum von 3 Prozent gerechnet, teilte die Industriestaaten-Organisation am Mittwoch in Paris mit. Damit folgt die OECD der Weltbank, die ihren Wachstumsausblick für die Weltwirtschaft schon am Dienstag zusammengestrichen hatte.
Die Weltbank senkte ihre Prognose für das globale Wirtschaftswachstum in diesem Jahr von 4,1 auf 2,9 Prozent. Der Einmarsch Russlands in die Ukraine habe die konjunkturellen Schäden aus der Corona-Pandemie noch verschlimmert, weshalb viele Länder mit einer Rezession rechnen müssten, teilte sie mit. Die OECD wurde auch für kommendes Jahr pessimistischer: Für 2023 erwartet sie ein Wachstum von 2,8 Prozent statt wie bislang prognostiziert von 3,2 Prozent.
Stagflation am Horizont
Infolge des Krieges werde zudem die Inflation höher ausfallen und länger andauern als bislang angenommen, sagte OECD-Generalsekretär Mathias Cormann. Das ergibt zusammen mit dem zurückgehenden Wachstum ein toxischer Cocktail: Sobald bei hoher Inflation die Weltwirtschaft aufhört zu wachsen und stattdessen in eine Rezession rutscht, sprechen Ökonomen von einer Stagflation. Das Problem dabei: Um die hohe Inflation zu bekämpfen, müssen die Zentralbanken in der Regel die Leitzinsen erhöhen, was wieder entstehendes Wirtschaftswachstum abwürgt. Deshalb ist es sehr schwierig, aus so einer Situation wieder herauszufinden.
„Das Risiko einer Stagflation ist beträchtlich und hat potentiell destabilisierende Folgen für die Volkswirtschaften mit niedrigem und mittlerem Einkommen“, sagte Weltbank-Präsident David Malpass. „Für viele Länder wird es schwierig sein, eine Rezession zu vermeiden.“ Schwaches Wirtschaftswachstum bei steigenden Preisen könnte gerade in zahlreichen Entwicklungsländern großes Leid auslösen.
Zum letzten Mal kam es in den siebziger Jahren zu Stagflation. Darauf verwies die Weltbank in ihrem Januar-Bericht. Es gebe eindeutige Parallelen zwischen damals und heute, hieß es. Dazu gehören Störungen auf der Angebotsseite, die Aussichten auf eine Abschwächung des Wachstums und die Anfälligkeit der Schwellenländer im Hinblick auf die geldpolitische Straffung, die zur Eindämmung der Inflation erforderlich sein wird.
OECD: Deutsche Wirtschaft wächst um 1,9 Prozent
Allerdings gibt es auch eine Reihe von Unterschieden, wie zum Beispiel die Stärke des Dollars, die allgemein niedrigeren Ölpreise und die im Großen und Ganzen soliden Bilanzen der großen Finanzinstitute, die Spielraum für Manöver bieten. Um das Risiko zu verringern, dass sich die Geschichte wiederholt, forderte die Weltbank die politischen Entscheidungsträger auf, die Hilfe für die Ukraine zu koordinieren, dem Anstieg der Öl- und Lebensmittelpreise entgegenzuwirken und einen Schuldenerlass für Entwicklungsländer einzurichten.
Die Weltbank ihrerseits kündigte weitere 1,5 Milliarden Dollar (1,4 Milliarden Euro) an Hilfsgeldern für die Ukraine an. Die neuen Finanzmittel würden für die Bezahlung der Löhne von Regierungsangestellten und Arbeitern im sozialen Bereich verwendet teilte sie mit. Die Organisation werbe bei Geberländern und nutze die „Flexibilität unserer verschiedenen Finanzierungsinstrumente, um den Ukrainern den Zugang zu Gesundheitsdiensten, Bildung und sozialem Schutz zu ermöglichen“. Insgesamt summierten sich die Hilfen der Weltbank nun auf mehr als vier Milliarden Dollar.
Für Deutschland sagt die OECD für 2022 ein Wirtschaftswachstum von 1,9 Prozent und für 2023 von 1,7 Prozent voraus. Der Krieg und das Ölembargo gegen Russland beeinträchtigten die Erholung. Der Inflationsanstieg schwäche die Kaufkraft, wodurch die Belebung des privaten Verbrauchs gedämpft werde. Die erhöhte Unsicherheit, der starke Anstieg der Energiepreise und neue Materialengpässe beeinträchtigten etliche Branchen sowie Privatinvestitionen und Exporte. Förderprogramme zur Abfederung der steigenden Energie- und Nahrungsmittelpreise müssten zielgenau auf bedürftige Haushalte und Unternehmen ausgerichtet werden, riet die OECD.