Wenn der Anwalt zum Zeugen der Anklage wird
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Die Firmenzentrale von Wirecard in Aschheim bei München am 20. Juli 2020. Bild: dpa
Der Bundesgerichtshof hat die Verschwiegenheitspflicht von Beratern gelockert. Das könnte zu Rissen im Vertrauensverhältnis von Vorständen und Unternehmensanwälten führen. Ein Gastbeitrag.
Seit Jahrzehnten wird vor allem in den großen Wirtschaftsprozessen darum gestritten, ob Berater – Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer – von ihrer Verschwiegenheitspflicht entbunden und als Zeugen gehört werden können. Manchen Prozess hat dies sehr in die Länge gezogen. Manchmal konnte die Frage einer Aussagepflicht auch in der Hauptverhandlung nicht geklärt werden. Der Bundesgerichtshof hat in einem Beschluss zum Wirecard-Untersuchungsausschuss nun klare Worte gefunden und festgestellt, dass es für eine Aussagepflicht des Wirtschaftsprüfers ausreicht, wenn er zuvor von einem vertretungsberechtigten Organwalter, ¬¬hier dem Insolvenzverwalter, von seiner Schweigepflicht entbunden worden ist. Eine Entscheidung, deren Nachwirkungen weit über den Fall Wirecard hinaus zu spüren sein werden.
Es lag bislang fast ausschließlich im Interesse von angeklagten Geschäftsführern oder Vorständen, dass frühere Berater des Unternehmens ihre Kenntnisse nicht als Zeugen in einer Hauptverhandlung offenbaren mussten. Gleiches galt für Wirtschaftsprüfer, deren Tätigkeit in vielen Fällen Kommunikation mit Unternehmensmitgliedern erforderte, die für eine spätere Aufklärung im Rahmen eines Strafprozesses von Interesse sein konnte.
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