US-Konjunktur : Amerikas Arbeitsmarkt läuft heiß
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Jobmesse in Florida: Personal gesucht Bild: AFP
Paradoxe US-Wirtschaft: Ein spektakulärer Jobzuwachs im Juli lindert die Rezessionsängste – befeuert aber auch die Inflationssorgen.
Auf dem amerikanischen Arbeitsmarkt sind im Juli mehr als eine halbe Million zusätzliche Arbeitsplätze entstanden. Damit sank die Arbeitslosenquote auf 3,5 Prozent, einen der niedrigsten Werte der letzten 50 Jahre. Das teilte das US-Arbeitsministerium mit. Prognostiker hatten nur halb so viele zusätzlich besetzte Stellen vorhergesagt.
Die Arbeitsplatzgewinne der beiden Vormonate wurden nach oben korrigiert. Die überraschende Entwicklung stärkt einerseits die Hoffnung, dass die Vereinigten Staaten eine schwere Rezession vermeiden können. Andererseits nährt sie die Sorge, dass die hohe Inflation sich festsetzt. Der Verbraucherpreisindex CPI lag Ende Juni um 9,1 Prozent höher als im Vergleichsmonat 2021, die Juli-Preisentwicklung wird in der nächsten Woche bekannt gemacht.
In fast allen Sektoren entstanden zusätzliche Arbeitsplätze. Selbst die Bauwirtschaft stellte Arbeitnehmer ein, obwohl sie als besonders anfällig für Zinserhöhungen gilt. Selbst die Tatsache, dass die Volkswirtschaft in den ersten beiden Quartalen leicht schrumpfte und die für die Wirtschaft so wichtigen Konsumausgaben zurückgingen, hielt Unternehmen nicht davon ab, Leute einzustellen. Dieser Trend überlagert jüngste Einzelmeldungen über Entlassungen bei Walmart, Robinhood und Shopify.
Strafft die amerikanische Notenbank ihre Geldpolitik?
Leicht zurückgegangen war zuletzt die Zahl der offenen Stellen, die mit rund zehn Millionen aber immer noch doppelt so hoch ist wie die Zahl der Personen, die aktiv nach legaler Beschäftigung suchen. Die Stundenlöhne stiegen im Vergleich zum Vorjahresmonat um 5,2 Prozent. Das ist ein leicht höherer Zuwachs als in den Vormonaten.
An der Börse wurde die Nachricht zunächst negativ aufgenommen: Aktienindex-Futures gaben nach. Offenbar stärkt die Meldung des überraschend starken Arbeitsmarktes die Erwartung, dass die amerikanische Notenbank die Geldpolitik zusätzlich straffen könnte durch höhere Zinsschritte. Ökonomen, die der Agenda der demokratischen Partei gewogen sind, hatten in jüngster Zeit ihre Perspektive verdeutlicht, der zufolge die Inflation nur um den Preis einer mittelschweren Wirtschaftskrise zu bändigen ist, die durch eine straffe Geldpolitik zu bewirken sei.
Für die amerikanische Regierung und die regierenden Demokraten ist die Lage zunehmend schwierig: Statt in klassischer politischer Tradition die Lorbeeren für die erreichte Vollbeschäftigung einzusacken, sieht sie die Zustimmung für ihre Politik schwinden wegen der Teuerung, die nahezu alle Produktgruppen betrifft.
Einen ersten Erfolg können die Demokraten jedoch verzeichnen: Das sogenannte Gesetz zur Reduzierung der Inflation nähert sich seiner Verabschiedung durch den amerikanischen Senat, nachdem eine kritische Senatorin der demokratischen Partei ihre Zustimmung signalisiert hat. Das Gesetzespaket war vom Fraktionschef der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, und dem Senator von West-Virginia, dem Demokraten Joe Manchin ausgehandelt worden. Letzterer hatte frühere große Gesetzesvorhaben zu Fall gebracht, darunter den zwei Billionen Dollar großen Plan für den klimaverträglichen Umbau der Volkswirtschaft.
Das Gesetz allerdings leistet, anders als der Name „Inflation reduction act“ suggeriert, nach Einschätzung von Ökonomen keinen entscheidenden Beitrag zu Reduzierung der Inflation. Das Paket enthält vor allem Fördermaßnahmen zum klimaverträglichen Umbau der amerikanischen Wirtschaft. Die Subventionen für Elektroautos, Batterien oder CO2-Rückgewinnung enthalten häufig Auflagen zur Produktion in den Vereinigten Staaten und erhöhen damit die Herstellungskosten. Andere Klauseln wiederum dämpfen die Preisentwicklung. Zudem enthält das Gesetz Steuererhöhungen, die Unternehmen und Besserverdienende treffen, die die Wirtschaft abkühlen könnten, wenn auch nicht kurzfristig.