Saudi-Arabien gegen Russland : Der Kampf ums Öl ist lange nicht vorbei
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Verbraucher bestellen derzeit Heizöl, als gebe es kein Morgen. So können sie vom massiven Preisverfall nicht profitieren. Bild: dpa
Auf dem Ölmarkt stehen sich die wichtigsten Produzenten derzeit unversöhnlich gegenüber. Für die deutschen Verbraucher hat das auch seine guten Seiten.
Die Ölpreise sind zum Wochenstart wegen der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie deutlich gefallen. Der Preis für ein Fass (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostet aktuell rund 22,80 Dollar und damit so wenig wie seit November 2002. Damals hatten die Ölpreise infolge der Terroranschläge am 11. September 2001 unter Druck gestanden. Der Preis für amerikanisches Leichtöl der Sorte WTI steht mit 20,22 Dollar war aber in der Nacht schon kurzzeitig unter die Marke von 20 Dollar gefallen.
Seitdem sich Russland und Saudi-Arabien vor gut drei Wochen nicht auf ein gemeinsames Vorgehen in Bezug auf den Nachfragerückgang im Zuge der Corona-Pandemie hatten einigen können, war der Ölpreis stark gefallen. Er hat sich seither halbiert. Der Nachfragerückgang infolge der Pandemie, den Analysten für die vergangenen Wochen auf gut ein Viertel schätzen, ist dabei ohne Beispiel: Seit dem Jahr 1965 fiel der Ölbedarf nur zwischen 1979 und 1982 um insgesamt 7,5 Prozent sowie 2009 um 1,4 Prozent.
Saudi-Arabien hatte nach dem Bruch mit Russland trotz dieser Situation die Ölproduktion deutlich erhöht und die Preise gesenkt – mit dem Ziel, Moskau zum Einlenken zu bewegen; bislang aber offensichtlich ohne Erfolg. Am vergangenen Freitag erst hieß es aus dem Königreich, man befinde sich nicht mit Russland in Gesprächen. Vom stellvertretenden russischen Energieminister Pawel Sorokin war zu hören, ein Ölpreis von 25 Dollar sei zwar unerfreulich, aber für die einheimischen Produzenten keine Katastrophe. „Die Hoffnung der Märkte auf eine Vereinbarung haben sich in Luft aufgelöst“, sagte Vivek Dhar, Rohstoffanalyst der Commonwealth Bank Australien.
Der Widerstand Russlands beruht auch auf einem weiteren Machtkampf. Russische Offizielle scheinen weiter an einer Einigung mit Saudi-Arabien interessiert: Gemeinsame Aktionen seien notwendig, um die Probleme zu lösen, sagte zuletzt Kirill Dimitriew, der Leiter des russischen Staatsfonds, diese seien auch im Rahmen der „Opec+“ möglich, mit der bis kürzlich das Bündnis der Opec mit weiteren Produzenten wie Russland bezeichnet wurde. Igor Sechin, der Chef des russischen Ölkonzerns Rosneft, sagte dagegen ganz offen, dass Produktionskürzungen nur das Überleben der amerikanischen Ölschieferproduzenten sicherten.
Das lässt die Tür offen, aber auch gleichzeitig Raum für Spekulationen, wie eine Neuordnung der Produzenten-Landschaft aussehen könnte. Eine davon ist, dass die Vereinigten Staaten mit Saudi-Arabien ein Übereinkommen erreichen wollen, nach dem das Land die OPEC verlässt. Eine Gruppe von sechs Senatoren wandte sich nun in einem Brief an Außenminister Mike Pompeo. Saudi-Arabia und Russland bedrohten die amerikanische Dominanz auf dem Energiemarkt und führten einen Wirtschaftskrieg gegen die Vereinigten Staaten.
Ihre Forderung ist diese: Saudi-Arabien solle die Opec verlassen und eine strategische Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten eingehen oder „die Konsequenzen tragen“. Diese beinhalteten Zöllen, andere Handelsbeschränkungen, Sanktionen und noch viel mehr, so die Senatoren um John Hoeven und Lisa Murkowski. Zwei weitere Senatoren aus Öl produzierenden Bundesstaaten brachten am Freitag einen Gesetzentwurf für einen amerikanischen Truppenabzug aus Saudi-Arabien ein.
Amerika steht unter Druck. Die Vereinigten Staaten haben selbst angesichts eines damals hohen Ölpreises den Ausbau der Schieferölindustrie gefördert. Damit übte Washington Druck aus auf die Preise – die nun auf ein Niveau gefallen sind, auf dem amerikanische Produzenten kaum mithalten können.