Bieterstreit : „Die Software AG darf nicht ausgeplündert werden“
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In Übernahmeverhandlungen: Die hessische Software AG Bild: dpa
Im Übernahme-Poker um die Software AG empfiehlt der Vorstand das niedrigere Angebot. Das stößt bei den Aktionären auf der Hauptversammlung des IT-Hauses auf Unverständnis – und sorgt für eine aggressive Stimmung.
Die milliardenschweren Übernahme-Offerten an die Aktionäre der Software AG haben auf der Hauptversammlung in Darmstadt am Mittwoch die Stimmung beherrscht – und die war zeitweise recht aggressiv. Den institutionellen Interessenvertretern vor allem von Kleinaktionären ging es um Offenheit und Transparenz in einem möglicherweise länger währenden Bieterstreit; es ging ihnen um Klarheit bei den jüngsten Vorstandsentscheidungen; um die auf lange Sicht eingeschlagenen Wege des deutschen IT-Hauses; und vor allem ging es ihnen ums Geld.
Denn Vorstand und ein vom Aufsichtsrat gebildeter Übernahmeausschuss sprechen sich nach wie vor für ein Übernahmeangebot seitens des US-Technologieinvestors Silver Lake aus. Diese Offerte aber liegt mit bislang 32 Euro unter dem konkurrierenden Angebot von mindestens 34 Euro seitens des Wettbewerbers Rocket Software, hinter dem der kapitalstarke Anteilseigner Bain Capital steht. „Erklären Sie uns doch bitte mal, wie so eine Empfehlung zustande kommen kann“, fragte Martin Weimann aus Berlin, der eigenen Angaben nach die Interessen mehrerer Anteilseigner vertritt.
„Was nicht passieren darf, ist, dass die Software AG ausgeplündert wird“, rief Andreas Schmitt von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) in den gut besetzten Saal. Christian Strenger, Professor an der Frankfurt School of Finance und Management, der eigenen Worten zufolge im Namen „substantieller Aktionäre“ sprach, erklärte mit Blick auf das Podium, die Bevorzugung des niedrigeren Angebots sei zumindest erklärungsbedürftig. Falls diese Erklärungen ausblieben oder unbefriedigend ausfielen, kündigte er weitere Schritte an: „Falls erforderlich, können wir Ihnen auch eine Sonderprüfung nicht ersparen“, sagt er.
„Die Aktionäre entscheiden, nicht Sie“
Noch gibt es keine offizielle Offerte für die Software AG. Doch Kleinaktionäre kritisierten, dass sich der Vorstand und der Übernahme-Ausschuss des Aufsichtsrats sehr frühzeitige und eindeutig für das Angebot des Finanzinvestors Silver Lake ausgesprochen haben. Dabei wolle Bain mehr Geld auf den Tisch legen und ebenfalls Einblick in die Bücher nehmen. Das aber verweigert der Vorstand bislang. „Es gilt jedoch Neutralitätspflicht“, richtete Weimann sein Wort an den Vorstand. „Sie müssen Bain eine faire Chance einräumen. Die Aktionäre entscheiden, nicht Sie – Sie sind nur deren Treuhänder. Sie müssen das beste Angebot für alle Anteilseigner identifizieren“ – und nicht nur für ein paar ausgewählte. Darauf verwies auch Schmidt von der SdK und frage: „Warum wurde das letzte Angebot von Bain so schnell abgelehnt?“
Vorstand und Aufsichtsrat verwiesen in ihrer Antwort darauf, dass sie alle Offerten eingehend geprüft und nach eingehenden Beratungen ihre Empfehlungen ausgesprochen hätten – und die fiel zu Gunsten von Silver Lake aus. Der Technologie- und Finanzinvestor hatte vor knapp anderthalb Jahren eine Wandelanleihe der Software AG über rund 350 Millionen Euro gezeichnet, daraufhin zwei Posten samt Vorsitz des Aufsichtsrats besetzt und Mitte April sein Interesse samt Angebot über unter dem Strich 2,4 Milliarden Euro zur Übernahme des gesamten Unternehmens gemacht. Bei einer erfolgreichen Übernahme werde das Darmstädter IT-Haus von der Börse genommen und neu aufgestellt. Das bisherige Management solle im Amt bleiben, der Hauptsitz weiterhin in Darmstadt bleiben.
Stimmen gegen Entlastung
Da auf der Hauptversammlung über eine Übernahme nicht abgestimmt wird, kündigten Aktionärsvertreter an, gegen eine Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat zu stimmen. Im Saal erschallten Bravo-Rufe. Auf breite Kritik mehrerer Aktionäre stieß außerdem die Abwesenheit des Aufsichtsratsvorsitzenden Christian Lucas. Als einer der führenden Manager von Silver Lake und Chef des Aufsichtsrats der Software AG spiele er in der aktuellen Lage eine zentrale Rolle. Daher hätte er auf der Hauptversammlung erscheinen sowie Rede und Antwort geben müssen – tat er aber nicht. „Das ist eine Missachtung der Aktionäre“ sagte Professor Strenger. Zu den Gründen der Abwesenheit wollte die Software AG keine weiteren Angaben machen.
Zuvor hatte sich der Vorstandsvorsitzende Sanjay Brahmawar in seiner Rede abermals hinter das Angebot von Silver Lake. „Das Angebot ist im besten Interesse aller Aktionäre", sagte er. Die als unverbindlich beschriebene Gegenofferte von Bain hält Brahmawar nicht für besser und verbindlich. Wie später seitens des Podiums erklärt wurde, sei das auch der Grund, warum Bain samt Rocket Software bislang nicht tiefere Einblicke in die Bücher (Due Diligence) der Software AG erhalten habe.
Brahmawar sagte, die Offerte von Silver Lake solle den Aktionären in den kommenden Tagen offiziell vorgelegt werden. Anschließend werde der mit dem Angebot einhergehende Preis auch durch externe Berater geprüft. Durch eine bindende Vereinbarung mit dem bisherigen Hauptaktionär, der Stiftung des Firmengründers Peter Schnell, sowie Aktienkäufe über die Börse hat sich Silver Lake schon 30 Prozent der Anteile gesichert. Bain kommt über Rocket Software und durch diverse Finanzinstrumente auf rund 10 Prozent. Institutionelle Investoren wie Schroders und Harris Associates, die beide zusammen 7 Prozent der Aktien der Software AG halten, sprechen sich wie viele Kleinaktionäre auch zumindest für eingehendere Prüfungen von Bains bzw. Rockets Angebot aus.