Wartung und Reparatur : Finde mal eine gute Fahrradwerkstatt
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Was war da noch zu richten? Ein Blick zum Computer in der Werkstatt von Fahrrad Claus in Trebur Bild: Hans-Heinrich Pardey
Wenn im Märzen der Bauer die Rösslein einspannt, holt der Radler seine Möhre aus dem Keller. Dann soll es die Werkstatt richten. Wie findet man eine gute?
Am Arbeitsplatz von Oliver Claus, Christian Barthel und Christine Habke könnte man vom Fußboden essen. Die Werkstatt des seit mehreren Generationen bestehenden Fahrradgeschäfts im südhessischen Trebur ist von geradezu überirdischer Aufgeräumtheit und Sauberkeit. Claus betreibt eine von knapp 30 mit dem „all ride“-Qualitätssiegel durch den Verbund Service und Fahrrad (VSF) zertifizierten Werkstätten. Wer mit seinem Rad in eine dieser Werkstätten zwischen Kiel und München, Kempen und Leipzig kommt, fühlt sich vielleicht an das Procedere in der Vertragswerkstatt seines Autos erinnert.
Bei Fahrrad Claus gibt es kein: „Ja, stellen Sie Ihr Rad in den Hof, wir schauen dann mal.“ Man wird stattdessen in die zwischen Laden und Werkstatt liegende Reparaturannahme gebeten. Das Rad kommt an einen Haken und wird erst einmal begutachtet. Auf dem danebenstehenden Rechner erfasst die Online-Software Velo-Port – ein Projekt des VSF – den Auftrag und rechnet dem Kunden vor, dass er die Inspektion nicht für lau bekommt. Wie in der Autowerkstatt gibt es Arbeitswerte für einzelne Positionen. Der Kunde sieht, was ihn die Inspektion samt Ersatz von Verschleißteilen kosten wird; ein Kostenrahmen wird vereinbart, bei dessen Überschreiten die Werkstatt zurückfragt, ein Termin wird gesetzt.
Eine Fortbildung ist Pflicht
Anhand einer länglichen, vom VSF mit seinen Mitgliedshändlern ausgearbeiteten Checkliste wird dann der Wartungs- oder Reparaturauftrag Punkt für Punkt von den zwei Monteuren und zwei Meistern abgearbeitet. Christian Barthel ist zum Beispiel Spezialist für Elektroräder. Er hat bei Claus seine Ausbildung als Landesbester im Zweiradmechanikerhandwerk abgeschlossen. Jetzt wartet der Meisterkurs. Fortbildung ist für die Mitarbeiter einer „all ride“-Werkstatt Pflicht. Wenn der Kunde, der für die Dauer der Inspektion ein Ersatzrad erhalten hat, sein eigenes Fahrrad wieder abholt, bekommt er eine an den VSF adressierte Postkarte für Lob und Tadel. Einer Werkstatt, die zu häufig schlechte Kritiken bekommt, kann das Zertifikat entzogen werden. Das ist vorgekommen.
Die kleine Werkstatt, in der Helmut Lenz seit 33 Jahren als „Einzelkämpfer und pedantischer Schrauber“, wie er selbst sagt, in Kelkheim-Fischbach am Taunus arbeitet, ist nicht „all ride“-zertifiziert. Aber Lenz ist VSF-Mitglied und arbeitet aktiv im Netzwerk der VSF-Läden des Rhein-Main-Gebiets mit. Den Auftrag schreibt er einfach auf ein Stück Papier. Er ist allein, macht sowohl Annahme wie Reparatur und muss nicht jemand anderem kommunizieren, was zu tun ist. Bei der Inspektion arbeitet auch Lenz die VSF-Checkliste ab. Er findet ein Detail wie die zu schwach dimensionierte Schraube am Gegenhalter der Rücktrittbremse und ersetzt sie. Jede einzelne Position ist abgehakt, bis hin zum Luftdruck: vorn 3,5, hinten 4,0 bar. Zum guten Schluss lässt sich Lenz auf der Rechnung bestätigen, dass er den Kunden über den nicht StVZO-konformen Zustand des Rades belehrt habe.
Eine gute Fahrradwerkstatt erkennt man unter Umständen auch daran, dass eine Reparatur abgelehnt wird: Nicht etwa, weil das Rad woanders gekauft wurde, sondern weil der Fachhändler keine Haftung für ein qualitativ minderwertiges Produkt übernehmen will. Zu solchen Ablehnungen kommt es nicht nur nach jahrelanger Vernachlässigung von Fahrrädern, sondern häufig nach dem Kauf teilmontierter Räder durch Laien.
Bei Main Velo im Norden Frankfurts schreibt Diplom-Ingenieur Ulrich Caspari den Auftrag mit dem Computer. Die Preise für Wartungsarbeiten liegen samt den zugrundeliegenden Arbeitswerten zur Einsicht auf dem Tresen. Auch diese Werkstatt ist nicht „all ride“-zertifiziert, Caspari arbeitet als VSF-Mitglied aber nach den Vorgaben des Verbunds. Vier Seiten umfasst das Inspektionsprotokoll. Auch hier werden mit einem Blick erkennbare Beanstandungen aufgeführt. „Wir haben Ihr Rad gewichtsoptimiert“, sagt Caspari bei der Abholung. Ein Witz: Links vorn waren zwei Ausfallsicherungen an der Nabe montiert.
Was kann man von einer guten Fahrradwerkstatt erwarten?
- Einen klaren Befund: Was muss gemacht werden, was wird gemacht?
- Kostentransparenz: Was kosten diese Arbeiten? Wenn es mehr zu werden droht, meldet sich die Werkstatt.
- Feste Terminabsprachen.
- Ein Leihrad für die Zeit der Wartung oder Reparatur.
- Dokumentierung: Was genau wurde gemacht? Ist das gewartete Fahrrad betriebs- und verkehrssicher?