Die Paulskirche bin ich
- -Aktualisiert am
Hausherr: Peter Feldmann vor dem Wandgemälde „Zug der Volksvertreter“ in der Wandelhalle der Paulskirche. Bild: Bernd Kammerer
Der Umgang des Frankfurter Oberbürgermeisters mit dem Symbol der Demokratiegeschichte ist typisch für seinen Politikstil. Das Beispiel zeigt, was ihn stark machte und warum ihm jetzt die Abwahl droht.
Die Hauptperson an jenem Vormittag im Mai dieses Jahres hätte eigentlich Hannes Pflügner sein sollen. Pflügner ist studierter Historiker und arbeitet seit zwölf Jahren als Stadtführer in Frankfurt. Es gibt nur wenige, die so kenntnisreich und anschaulich über die Revolution von 1848 und das Paulskirchen-Parlament sprechen können – und das nicht irgendwo, sondern an den authentischen Orten des historischen Geschehens. Dementsprechend hat die städtische Tourismusgesellschaft TCF den erfahrenen Gästeführer an jenem Tag im Mai aufgeboten, um der Presse ein Beispiel der Rundgänge zu geben, die auf das 175-Jahre-Jubiläum der Paulskirchen-Versammlung 2023 hinführen sollen.
Allein: Pflügner kommt praktisch nicht zu Wort. Statt seiner führt Oberbürgermeister Peter Feldmann den Pressetrupp vom Stoltze-Denkmal in der Altstadt über die Braubachstraße zur Paulskirche. Die Medienvertreter bekommen dabei die Textbausteine zu hören, die sie aus so vielen Reden des Oberbürgermeisters kennen: Dass Frankfurt seit Jahrhunderten eine weltoffene Handelsmetropole sei, dass das freie Wort hier hochgehalten werde und Zuwanderer die Stadt bereicherten. Der Gästeführer steht daneben wie bestellt und nicht abgeholt. Die kurz darauf folgende Pressemeldung trägt dann den Titel „Oberbürgermeister Feldmann: ,Paulskirchen-Jubiläum wird Fest der Demokratie’“. Über mehrere Absätze lässt Feldmann sich mit ebenso wohlklingend lokalpatriotischen wie banalen Sätzen zitieren. Pflügner kommt nur als Staffage auf einem beigefügten Foto vor, im Bildtext ist nicht einmal sein Name richtig geschrieben.
Jetzt 30 Tage kostenfrei testen 2,95 € / Woche
Jetzt kostenfrei Zugang abonnieren?