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Arbeiten im Corona-Sommer : Einsame Spitze

  • -Aktualisiert am

Olympia-Sieger Thomas Röhler ist froh, wieder trainieren zu können. Bild: dpa

Als Olympiasieger im Speerwurf und Vermarktungsprofi geht es Thomas Röhler besser als den meisten Sportlern. Zwar musste auch er mit Zumutungen kämpfen – aber der Corona-Sommer nahm für ihn eine wunderbare Wendung.

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          Tor zum Sportplatz auf, Sportler rein, Trainer rein, Tor zu, alles ganz schnell und möglichst unauffällig. Soll ja auch keiner mitbekommen. Wenn Thomas Röhler von seiner Rückkehr auf die Trainingsanlage erzählt, dann klingt das nach Anschleichen, nicht nach Sportleralltag. Dabei ist er auf Sportplätzen zu Hause, hier verbringt er sein halbes Leben. Sonst wäre er auch nicht Olympiasieger und Europameister im Speerwerfen geworden.

          Uwe Marx
          Redakteur in der Wirtschaft.

          Ein Weltklasseathlet, wie es nur wenige gibt in Deutschland. Aber als Röhler nach acht Wochen Corona-Zwangspause im Mai endlich wieder unter freiem Himmel trainieren durfte, wollte er sichergehen, dass das keiner falsch versteht: dass andere, die ihn sehen, nicht glaubten, die Sportanlagen seien wieder für jedermann geöffnet. Dem war nämlich nicht so, als der Olympiasieger von Rio 2016 und Europameister von Berlin 2018 wieder mit dem Werfen anfing. Dank einer Sondergenehmigung.

          Es war eine quälende Zeit bis dahin, auch für den 28 Jahre alten Ausnahmewerfer aus Jena. Er hatte sich in seinem Haus zwar einen Kraftraum eingerichtet, ganz gegen frühere Überzeugungen. Da war er nämlich noch der Meinung, dass das Private auch privat bleiben sollte – und dass ihm die Trainingsmöglichkeiten am Ernst-Abbe-Sportfeld in Jena oder am Olympiastützpunkt in Erfurt reichen. Aber Speerwerfer wollen werfen, da ist der modernste Kraftraum kein Trost. Und sie müssen es, um konkurrenzfähig zu bleiben. Denn das Gefühl für ihr Sportgerät und dessen launenhaftes Flugverhalten entscheidet über traumhafte 90-Meter-Würfe oder jähe Abstürze.

          Nicht ausgesorgt mit Olympiasieg

          Deshalb traf es auch den Speerwurf-Ästheten Röhler hart, dass er und seine Trainingsgruppe so lange warten mussten. Zu lange, wie er findet. „Speerwurf ist vergleichsweise Corona-kompatibel“, sagt er. „Wir halten ohnehin viel Abstand, um nicht in Gefahr zu kommen.“ Denn Speere allein sind Gefahr genug. „Und das Gruppentraining hätte man anpassen können.“ Trotzdem wurde lange eben keine Ausnahme gemacht. Die schon gewonnenen Goldmedaillen und die Pläne für die neue Saison hin oder her: „Wir haben viel zu lange keine Genehmigung bekommen, um wieder Sportplätze zu betreten“, sagt er. In Erfurt war es am Ende schneller so weit als in Jena.

          Im Oktober beginnt für ihn eine neue Saison, drei-, viermal fährt er normalerweise ins Trainingslager. Im Mai steigt in normalen Jahren das erste von knapp einem Dutzend Werfermeetings, die er bestreitet, meistens im Ausland. Etwa zwanzig Wettkämpfe kommen in einer Saison zusammen. So weit der klassische Kalender. Ein erstes Trainingslager auf den Kanaren hat er noch durchgezogen, ein zweites in der Türkei musste er abbrechen. Er reiste eilig ab, um nicht in einer Corona-Falle festzustecken. Der Rest war Warten und Fithalten. Für einen Weltklassesportler ist das nur geringfügig angenehmer, als eingesperrt zu sein.

          Thomas Röhler (rechts) nach dem Gewinn von EM-Gold 2018 in Berlin.
          Thomas Röhler (rechts) nach dem Gewinn von EM-Gold 2018 in Berlin. : Bild: dpa

          Wenigstens ging die Zwangspause finanziell nicht ans Eingemachte. Thomas Röhler gehört zu den von der Deutschen Sporthilfe geförderten Athleten, außerdem hat er eine Handvoll Sponsoren. Er ist schließlich Olympiasieger. Abgesprungen ist keiner. Allerdings solle niemand an ein wirtschaftliches Schlaraffenland denken, nur weil ein Sportler Olympiagold gewonnen hat. „Mit einem Olympiasieg hat man in Deutschland nicht ausgesorgt“, sagt er. „Das ist ganz, ganz weit weg.“ Man habe „allenfalls eine Basis geschaffen, auf der man sein Leben finanziell bestreiten kann – die aber mit viel Arbeit, zum Teil auch mit Glück verbunden ist.“

          Sportlern brechen Einnahmen weg

          Trotz treuer Vertragspartner sind ihm Einnahmen weggebrochen. Bei den sogenannten Diamond-League-Meetings des Internationalen Leichtathletikverbandes, der höchsten Kategorie, erhalten Tagessieger einer Disziplin 10000 Dollar, die Zweitplazierten 6000 Dollar, die Dritten 4000 Dollar. Weitere Prämien sind, je nach Abschneiden in der gesamten Serie, möglich. In der zweiten Meeting-Klasse, den „World Challenges“, ist es etwa die Hälfte dieser Summen.

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