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Grüne OB-Kandidatin : Shantel reißt Rottmann mit in die Tiefe

Missglückt und ohne Korrektur: Der Musiker Shantel (links) befragt Manuela Rottmann. Bild: Bernd Kammerer

Auch die Grünen-Kandidatin für das Amt des Oberbürgermeisters in Frankfurt hat nun eine Wählerinitiative hinter sich. Die Auftaktveranstaltung ist allerdings daneben gegangen.

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          Ein Gespräch des Musikers Stefan Hantel mit sich selbst wäre vielleicht eine schöne Idee gewesen für die Auftaktveranstaltung einer Wählerinitiative für Manuela Rottmann. Aber leider waren die Organisatoren dieses Abends auf den vorgeblich raffinierteren Gedanken gekommen, der selbstverliebte Shantel, wie er sich nennt, solle doch auf der Bühne der leer stehenden Altbauwohnung in der Schweizer Straße 5, die auch schon die Initiative für Mike Josef (SPD) für sich entdeckt hatte, nicht sich selbst, sondern die Oberbürgermeister-Kandidatin der Grünen befragen, und so nahm das Unheil seinen Lauf.

          Manfred Köhler
          Ressortleiter der Rhein-Main-Redaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

          Haarsträubend, was Hantel in seinen Fragen verbreitete. Die Innenstadt sei „mehr oder weniger am Aussterben“, behauptete er, aber vielleicht war er ja zuletzt beim Lockdown an der Hauptwache. In Frankfurt gebe es fast 500 städtische Gesellschaften, die sich jeder Kontrolle entzögen, man wisse eigentlich gar nicht, was die machten, erklärte er – klar, kennt auch sonst kaum einer in Frankfurt die Messe oder die Mainova, Klitschen eigentlich. Die städtische Tourismus und Congress GmbH schließlich bezeichnete der Musiker, das war dann der Höhepunkt des Abends, aus nicht recht erläuterten Gründen als „fast schon eine kriminelle Vereinigung“.

          Keine Klarstellung von Rottmann

          Hantel ging also bei seinem Versuch, sich mit Kommunalpolitik zu befassen, nach allen Regeln der Kunst baden, und Rottmann ließ sich mit in die Tiefe reißen. Kein Wort zu dem mehr als beleidigenden Satz über die Tourismusgesellschaft, keine Klarstellung, dass das so nicht geht, dabei wäre sie als Stadtoberhaupt oberste Vertreterin des Eigentümers dieser GmbH.

          Stattdessen Ungefähres über deren eventuellen „Renditedruck“, über fehlende Qualität der „Budenfeste“ und das Brückenstraßenfest, das doch immerhin „Widerstand“ leiste; zu den städtischen Gesellschaften fiel Rottmann nur ein, dass deren Struktur „mittlerweile unübersichtlich“ sei: „Man müsste mal was zusammenlegen.“

          Es wollte nichts mehr werden mit diesem Abend

          Zwischendurch startete die Kandidatin Versuche, dem Strudel zu entkommen, in den sie der irrlichternde Hantel immer weiter hinabzog, aber nichts schwerer als das, „wovon ich super Ahnung habe, sind Prozesse, ist Jura, ist Verwaltung“, lobte sie sich. Einmal fiel ihr ein, sie sehe ihre Rolle als Oberbürgermeisterin so wie die des „dicken Anwalts“ im Rolling-Stones-Film „Gimme Shelter“, „ich bin derjenige, der’s regelt“, jedenfalls sei sie nicht Mick Jagger.

          Trotz solcher Klarstellungen wollte es so recht nichts mehr werden mit diesem Abend, an dem Rottmann, die ja eigentlich sehr wohl etwas zu sagen hat, von der Wortgewalt Hantels dermaßen überrumpelt wurde, dass ihr Sätze einfielen wie „das erlaubt Frankfurt, dass man nicht zum Jetset gehört und trotzdem die Klappe aufmacht“ und „Berlin ist so Kiez-sortiert“, und an dem es nur wenig auch um Themen wie den Zustand der Schulen ging („ein Prozessproblem“) und die Verkehrspolitik („Autos retten den Einzelhandel? Das ist widerlegt“). Nur gegen Ende, als damit nicht mehr zu rechnen war, gab es dann doch noch einen einzigen Moment, in dem Hantel der Kandidatin tatsächlich half: Er überging die Bitte aus dem Publikum, Rottmann möge sich auch zu dem heiklen Thema des Riederwaldtunnels äußern. Das immerhin blieb ihr erspart.

          Die Wählerinitiative um Hantel, um die frühere Grünen-Stadträtin Sarah Sorge, die Illustratorin Moni Port, Petra Manahl aus der Kommunikationsbranche und den Zahnarzt Alfonso Padilla hat weitere Aktionen und unter anderem die Erstellung eines Audio-Walks zu Orten in Frankfurt angekündigt, die für Rottmann von besonderer Bedeutung sind. Mal sehen, ob dann auch der Ort dabei ist, an dem die Kandidatin, die die vergangenen Jahre in Berlin verbracht hat, den Frankfurter „Jetset“ vermutet.

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