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Bezahlsystem : Chinas Antwort auf Paypal

Nur den QR-Code scannen: Anders als die Deutschen zahlen die Chinesen gern mit dem Smartphone. Bild: ddp Images

Hunderte Millionen Chinesen zahlen mit der Smartphone-App Alipay. Ginge sein Betreiber Ant Financial – zu Deutsch: Finanzameise – an die Börse, wäre er so viel wert wie Goldman Sachs.

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          Jedes Jahr am elften November feiern in China nicht etwa die Karnevalisten. Es ist der „Tag der Alleinstehenden“, auf Englisch „Singles’ Day“. Das Internetkaufhaus Alibaba hat den Tag für seine Zwecke vereinnahmt und zum größten Online-Einkaufstag der Welt gemacht: ein Fest der Sonderangebote.

          Hendrik Ankenbrand
          Wirtschaftskorrespondent für China mit Sitz in Schanghai.

          Waren im Wert von 25 Milliarden Dollar hat Alibaba über seine Plattform beim jüngsten „Singles’ Day“ verkauft. In den Vereinigten Staaten gaben die Konsumenten zwischen Thanksgiving und „Cyber Monday“, einer fünftägigen Rabattparty mit dem „Black Friday“ als Höhepunkt, 5 Milliarden Dollar weniger aus.

          Bereits diese Dimension in China ist beeindruckend. Noch erstaunlicher ist aber, wie die Chinesen ihre Einkäufe am „Singles’ Day“ bezahlen: mit Alipay, der elektronischen Geldbörse Alibabas, Chinas Antwort auf das amerikanische Paypal. Auch wenn die Bargeldproduktion nach den Angaben von Notendruckereien in China stabil bleibt: in Städten wie Schanghai scheint das Bargeld heute fast ausgestorben zu sein. Wo sie sich auch zum Kaffee niederlassen, einkaufen gehen oder dem Bettler am Straßenrand einen kleinen Geldbetrag spendieren, die jungen bis mittelalten Chinesen zücken dabei nicht ihre Geldbörse, sondern ihr Smartphone.

          Alipay deckt etwa die Hälfte des Markts ab

          In den zu Alibaba gehörenden Supermärkten der Kette „Hema Xianhsheng“ darf zeitweise sogar nur noch mit Alipay bezahlt werden. Eine halbe Milliarde Menschen in China nutzt ihr Smartphone zum Bezahlen. 8 Billionen Transaktionen liefen in China in den ersten sechs Monaten des vergangenen Jahres über mobile elektronische Zahldienste. Alipay deckt etwa die Hälfte des Markts ab, den es sich mit seinem Konkurrenten Wechat des Tencent-Konzerns teilt. Das amerikanische Paypal kam im gesamten vergangenen Jahr gerade einmal auf rund eine halbe Billion Zahlungsbewegungen.

          Alibaba Group Holding Limited

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          Kreditkarten haben in China nie den großen Durchbruch geschafft. Seine Bevölkerung hat in der Masse das Zahlungsmittel übersprungen wie auch den Personalcomputer und bringt immer mehr Zeit mit dem Smartphone zu, auch für das Bezahlen. „Alibabas wertvollster Besitz“ wird Alipay genannt, das der Mutterkonzern aus Hangzhou inzwischen umgetauft hat: in Ant Financial, die Finanzameise.

          Geht es nach Alibaba, dann beginnt an den Finanzplätzen auf dieser Welt bald das große Krabbeln. Ant Financial soll an die Börse, lange schon. Bisher hat Alibaba den Schritt nicht gewagt, oder die Regierung hat ihn nicht erlaubt, das weiß man in China nie so genau. Nun aber haben Alibaba und sein Gründer Jack Ma wieder ein Drittel der Anteile von Ant Financial übernommen, das sie zuvor bei Alibabas eigenem Börsengang 2014 ausgegliedert hatten. Das könnte darauf hindeutet, dass die Wertpapiere der Ameise bald auf dem Parkett gehandelt werden könnten.

          Ende der neunziger Jahre, als Jack Ma Alibaba gründete, besaßen weniger als 2 Prozent der Chinesen einen Computer, und ähnlich hoch war auch der Anteil der Besitzer von Kreditkarten. Während in den Vereinigten Staaten das Internetkaufhaus Amazon und die Auktionsplattform Ebay aufblühten, sagten die Fachleute China keine große Zukunft im Internethandel voraus. Die Mehrheit der Menschen lebte auf dem Land und hatte umgerechnet ein Einkommen von durchschnittlich 200 Dollar im Jahr.

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