Die rätselhafte Macht der Myonen
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Braut sich da was zusammen? Im Sommer 2013 wurde der Myonen-Speicherring (auf dem Lastwagen) am Fermilab nahe Chicago angeliefert. Jetzt wurden erste Ergebnisse verkündet. Bild: Reidar Hahn
Ein Teilchen schickt sich an, eine beispiellos erfolgreiche Theorie zu sprengen. Viele Physiker freuen sich wie Bolle. Andere warnen, dazu sei es noch zu früh.
Wer hat denn das bestellt?“, spottete Isidor Isaac Rabi einst über das Myon. Das 1936 entdeckte Teilchen wirkte auf den Physiker der New Yorker Columbia University wie eine Karikatur des Elektrons. Es ist 207 Mal schwerer, hat aber sonst dieselben Eigenschaften wie das Partikel, ohne das es weder Elektronik noch Chemie gäbe. Myonen aber waren, jedenfalls zu Rabis Zeiten, zu nichts nütze, zerfallen sie doch innerhalb Millisekunden. Später wurde ein noch dickeres und noch kurzlebigeres Teilchen, das Tauon, mit sonst gleichen Eigenschaften entdeckt. Es blieb bei diesen drei, wie es auch offenbar nur drei Neutrinos und drei Paare von Quarks gibt. Diese Dreigliedrigkeit ist eine der Eigenschaften des „Standardmodells der Elementarteilchen“, einer 50 Jahre alten Theorie, die ihren Gegenstand präziser beschreibt als jeder andere Satz bekannter Naturgesetze.
Oder doch nicht? Am vergangenen Mittwoch verkündete der Physiker Chris Polly im Namen des „Muon g-2“-Experiments am Fermilab nahe Chicago auf einem Online-Event einen Messwert, auf den ein zweihundertköpfiges Team neun Jahre lang hingearbeitet hatte: Das anomale magnetische Moment des Myons – aus Gründen, von denen noch zu reden sein wird, „g-2“ genannt, sprich „g Minus 2“. Das Standardmodell kann diesen Wert auf elf Stellen hinter dem Komma genau berechnen. Das Experiment am Fermilab kann ihn mit fast derselben Präzision messen. Die Frage war: stimmen sie überein oder nicht?
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