Arnold AG und Nordlicht : Eine leuchtende Zukunft in Friedrichsdorf
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Die Buchstaben für den Schriftzug an der Commerzbank-Arena wurden bei Nordlicht gefertigt. Das Foto zeigt den Transport der riesigen Buchstaben 2010. Bild: Nora Klein
Ein Mittelständler der Region rettet einen anderen: Die Arnold AG aus Friedrichsdorf führt die Geschäfte des Offenbacher Traditionsunternehmens Nordlicht fort, das einmal die Buchstaben für den Schriftzug auf der Commerzbank-Arena gefertigt hat.
Es sind zwei Unternehmen, in denen man gerne groß denkt. Bei Nordlicht sowieso. Fünf mal sechs Meter misst jeder der gelben Buchstaben, die auf dem Dach des Fußballstadions im Frankfurter Stadtwald von seinem Sponsor künden. Als die Commerzbank 2010 eine Neuauflage in überarbeiteter Schrift und mit neuem Logo verlangte, musste jede der 16 Lettern einzeln auf einem Schwertransporter mit Polizeieskorte vom Sitz des Offenbacher Unternehmens nach Frankfurt gebracht werden. Annähernd hundert Meter misst der Schriftzug „Commerzbank-Arena“, den sogar Fluggäste lesen können, wenn sie bei der Landung aus dem Fenster schauen. Falls sie danach zum Frankfurter Hauptbahnhof fahren, stoßen sie gleich auf das nächste unübersehbare Produkt von Nordlicht: Der riesige blaue Schriftzug, der am Ende der Bahnhofshalle für diese Zeitung wirbt, wurde ebenfalls von dem Traditionsunternehmen geliefert.
Doch in großen Maßstäben wird auch bei Arnold in Friedrichsdorf gedacht. Schon lange gibt sich das Management des metallverarbeitenden Betriebs nicht mehr mit dem Fertigen von Verkleidungsblechen und Gehäusen für Computer-Server zufrieden. Auf der Baustelle des neuen Berliner Flughafens hängt bereits unter einer Hallendecke ein von Arnold gefertigtes Kunstwerk der amerikanischen Künstlerin Pae White, ein rotes, metallenes Gewebe namens „The Magic Carpet“, das nicht weniger als 27 mal 37 Meter misst. Und seit Jahren produziert Arnold die überdimensionalen Skulpturen des Künstlers Jeff Koons, fünf Meter große Tulpen etwa, ein drei Meter hohes Herz und eine Skulptur der Comic-Figur Pop-eye, die zwei Meter misst.
Übernahme kam unverhofft
Es sind also zwei durchaus ungewöhnliche Mittelständler, die seit kurzem einen gemeinsamen Weg gehen. Denn Arnold hat 26 Mitarbeiter und einen Teil der Vermögenswerte von Nordlicht übernommen, nachdem die Offenbacher in die Insolvenz geraten waren. In einer Arnold-Halle in Friedrichsdorf soll nun die Nordlicht-Geschichte fortgeschrieben werden. Im März sind die Männer, die sich mit den großen Buchstaben auskennen, umgezogen, zwei Glasbläser inklusive. Ein großes Sparkassen-S ist an die Wand gelehnt, Buchstaben des Wortes „Sparkasse“ liegen in einem Karton. Auch die Glasbläser sind zugange. Leuchtreklame ist keine Serienfertigung.
Uwe Arnold, der Vorstandsvorsitzende der Arnold AG, spricht mit einiger Begeisterung über die unverhoffte Übernahme. Man habe Nordlicht von gemeinsamen Projekten her gekannt und sehe es als ideale Ergänzung an. Beide Unternehmen verbinde das Interesse an Kunst; Nordlicht habe sich zum Beispiel mit mehreren Exponaten am Lichtkultur-Festival Luminale in Frankfurt beteiligt. Künstler wie Thomas Emde und Tobias Rehberger zählten zu den Kunden.
Auch Gaddafi orderte bei Nordlicht
Für die Übernahme wurde ein neues Unternehmen gegründet, die Nordlicht GmbH, als Tochtergesellschaft der Arnold AG. Geführt wird die neue Gesellschaft von Ingo Stemmer, der zugleich Vorstandsmitglied der AG bleibt.
Die Geschichte der Nordlicht begann 1949. Als 1986 ihr Gründer Kurt Krusche starb, schrieb diese Zeitung, er habe wie selten jemand sonst den Typ des tatkräftigen und erfolgreichen Nachkriegsunternehmers verkörpert. Bekannt wurde Nordlicht vor allem durch eine riesige Mon-Chéri-Packung, die 1969 im Frankfurter Hauptbahnhof aufgehängt wurde und mitsamt Blumendekor 56 mal 28 Meter maß. In den neunziger Jahren ließ Libyens Staatschef Gaddafi von Mitarbeitern des Unternehmens ein Kongresszentrum mit arabischen Schriftzeichen versehen, kyrillische Buchstaben wiederum wurden nach Moskau exportiert, wo sie einen Bahnhof zieren.
Später führte Willi Jaschek Nordlicht, der als Bodenturner an den Olympischen Spielen 1964 und 1968 teilgenommen und sich in dem Offenbacher Betrieb vom Lehrling bis zum Geschäftsführer hochgearbeitet hatte. „Den Schriftzug ,Frankfurter Allgemeine Zeitung‘ im Hauptbahnhof habe ich gebaut“, berichtete er 2008. In jüngerer Zeit kamen Aufträge aus Doha, der Hauptstadt Qatars, hinzu. Im Alltag freut man sich aber auch darüber, Leuchtreklame für Peek & Cloppenburg und Bäckereien herstellen zu dürfen.
Auch ein Werk in Thüringen
„So traurig eine Insolvenz immer ist, für uns war sie ein Glücksfall“, sagt Uwe Arnold. Das von ihm geführte Unternehmen hat im vergangenen Jahr einen Umsatz in Höhe von 45,8 Millionen Euro erzielt und ist rentabel; vom Gewinn profitiert nicht nur die Familie, sondern auch ein Teil der Mitarbeiter. Ihnen gehören 14 Prozent der AG. Arnold ist zwar mit Arbeiten für Jeff Koons und andere Künstler bekannt geworden - auch die einer Erdkugel nachempfundene Skulptur „Sphäre“ im Foyer der Deutsche-Bank-Türme stammt von diesem Unternehmen -, doch auch unter den Aufträgen, die eher als Routine durchgehen, findet sich Interessantes. So haben die Friedrichsdorfer die Kantine des Neubaus der EZB mit Ausgabetresen ausgestattet. Seit Jahrzehnten produziert man Schalter für die Lufthansa. 350 Mitarbeiter zählt Arnold schon ohne Nordlicht. In Friedrichsdorf arbeitet die eine Hälfte, die andere in einem Werk in Thüringen.
Langweilig scheint es bei Arnold noch nie geworden zu sein. Und an Selbstbewusstsein fehlt es den Friedrichsdorfern schon gar nicht. Einen dicken Bildband über die Kunstwerke aus ihrem Haus haben sie „The Art of Engineering - The Engineering of Art“ genannt.