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Windreich-Anleihen : Ein Windmüller ängstigt seine Geldgeber

„Energiewende in Person“: Windreich-Chef Willi Balz Bild: Müller, Verena

Windreich-Chef Willi Balz will das Geschäft mit Meereswindparks dominieren. Doch die Firma steckt in Nöten: Noch kein Strom und Liquiditätsbedarf.

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          Dieser Mann kennt keine Flauten, Stillstand ist ihm fremd. Willi Balz rauscht mit schnellen Schritten rein ins Zimmer, dann sofort wieder raus - ein dringender Anruf. Er setzt sich kurz an den Besprechungstisch, springt gleich wieder auf - die Sekretärin soll sich doch bitte noch schnell um die neuen Werbeflyer kümmern. Er nippt am Cappuccino, dann ist er ein weiteres Mal auf dem Sprung - ein paar Unterlagen aus dem Nebenraum holen.

          Dennis Kremer
          Redakteur im Ressort „Wert“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

          Balz ist Gründer, Eigentümer und Vorstandsvorsitzender des Windparkentwicklers Windreich, und keiner seiner rund 130 Mitarbeiter lebt das Geschäftsmodell der Firma wohl so konsequent vor wie der Chef persönlich: Balz macht immer und überall Wind. Und man darf sagen: Er weiß genau, wie das geht. Denn mit Blick auf die Zahl der Beschäftigten ist Windreich nun wirklich keine große Firma, gemessen am eigenen Anspruch aber schon: Balz hat sich nichts weniger vorgenommen, als in Deutschland ein wichtiges Zukunftsfeld moderner Energiegewinnung zu dominieren - die Offshore-Windenergie.

          Anleihenkurse unter Wasser

          So unrealistisch das zunächst klingen mag, einen Anfang hat der 52-Jährige gemacht. Einst mit der Planung und dem Bau von Einkaufszentren zu viel Geld gekommen, stieg Balz schon 1999 ins Windgeschäft ein und beschloss bald: Er wollte die Parks dort errichten, wo in Deutschland der Wind am stärksten bläst - mitten in der Nordsee. Also Offshore, wie die Experten das nennen. Früher als andere besorgte er sich die nötigen Genehmigungen, hat mittlerweile zahlreiche Projekte in der Planung und eines im Bau - alles Goldgruben, wie er versichert. „In wenigen Jahren können wir damit etwa 20 Millionen Menschen mit Strom versorgen.“

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          Das Problem ist nur: So viel Optimismus Balz auch verbreitet, so viel Wirbel er auch veranstaltet - tatsächlich herrscht bei ihm derzeit die große Flaute, und das ist nicht nur für einen Machertypen wie ihn die Höchststrafe. Sondern auch für zahlreiche Anleger: Um die Windprojekte zu finanzieren, hat Windreich nämlich 2010 und 2011 unter anderem zwei Anleihen ausgegeben - Zinssatz: 6,5 Prozent, Gesamtvolumen: 125 Millionen Euro. Vor allem Privatanleger griffen damals zu und machen sich jetzt große Sorgen: Denn beide Papiere sind im Kurs dramatisch abgestürzt, sie notieren derzeit gerade einmal bei rund der Hälfte ihres Wertes.

          Persönliche Beleidigung

          Was ist da los? Produziert Balz am Ende gar nur heiße Luft? Für den Windkraftunternehmer ist die Sache jedenfalls klar: „Die Kapitalmärkte verstehen unser Unternehmen nicht.“ Zudem, so holt er aus, gönnten ihm viele Konkurrenten den Erfolg nicht: ein Mittelständler aus Schwaben, der den Offshore-Markt erobere? Das gehe vor allem den großen Energiekonzernen gegen den Strich, im Verbund mit den Medien redeten sie seine Firma bewusst schlecht.

          Harte Vorwürfe, aber einmal in Fahrt legt Balz nach und springt wieder von seinem Stuhl auf: „Ich schaffe hier in Deutschland Werte in Milliardenhöhe und werde dann so angegangen.“ Auch wenn er das selbst so nie zugeben würde, spürt man: Das Absinken des Anleihekurses empfindet der Windreich-Chef als persönliche Beleidigung.

          Liquiditätsschwäche

          Tatsächlich ist die Wahrheit komplizierter: Denn auch wenn sich Balz ungerecht beurteilt fühlt - grundsätzlich gestehen ihm viele Branchenbeobachter gutes unternehmerisches Gespür zu. Früh habe der Schwabe die Bedeutung der Offshore-Energie erkannt und sich mit fähigen Ingenieuren umgeben. Warum dann der Kursabsturz bei den Anleihen?

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