„Artists’ Studios“ : Genius, Karma, Raserei
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Aufgeräumter Arbeitsplatz: Atelier von David Hockney Bild: Peter Loewy
Seit mehr als 20 Jahren fotografiert Peter Loewy Ateliers berühmter und weniger berühmter Künstler in der ganzen Welt. Jetzt wird seine Serie der „Artists’ Studios“ in Frankfurt ausgestellt.
Klar geht das nicht ohne Anekdoten ab. Und Peter Loewy lässt sich auch nicht lange bitten, welche zu erzählen. Von seinem Besuch bei der 95 Jahre alten Etel Adnan etwa erst vor ein paar Wochen, deren Atelier nichts anderes ist als ein Zimmer ihrer kleinen Wohnung mitten in Paris; von Gerhard Richter, der ihn erst einmal kühl abblitzen ließ, weil er nicht gestört werden wollte. Was Loewy derart traf, dass er anfing, „nach Dingen zu suchen, die ich an ihm nicht leiden konnte“. Und es Jahre später erst noch einmal versuchte. Vom kreativen Chaos bei Raymond Pettibon in Kalifornien, wo er ganz in Ruhe die „in Haufen herumliegenden Zeichnungen“ durchstöbern durfte, bevor er eben dieses Durcheinander dann auf eine Weise mit der Kleinbildkamera einfing, dass man sich davon kaum mehr lösen mag.

Freier Autor in der Rhein-Main-Zeitung.
Geschichten wie jene von der Hilfe Kasper Königs aber auch, der ihm für ein paar Tage sein Adressbuch überließ, um mit Jeff Koons und einer Reihe weiterer New Yorker Künstler, die im Allgemeinen nicht im Telefonbuch stehen, in Kontakt zu treten: „Suchen Sie sich einfach aus, was Sie brauchen.“ Großzügig nennt Peter Loewy das und ist dem ehemaligen Städelschulrektor dafür bis heute dankbar. Und fahrlässig. Immerhin waren die Kontakte Kasper Königs damals schon Legende. Und nicht zuletzt von der Begegnung mit jenem Künstler, den er bis heute vielleicht mehr noch als Richter aufrichtig verehrt. Denn mit David Hockney fing vor 25 Jahren alles an. Beinahe. Schließlich hatte er den Maler seinerzeit nicht aufgesucht, um ihn oder sein Studio mit der Kamera zu porträtieren. Mehr noch, Loewy verstand sich damals erklärtermaßen noch nicht einmal als Fotograf.
„Ohne Herzklopfen geht es nicht“
Er war Lehrer, noch bis vor ein paar Jahren. Und er fotografierte. Das war alles. Ein „Doppelleben“, wie er es mittlerweile gerne nennt. Als Künstler aber sah sich der 1951 in Israel geborene Loewy, der als Kind mit seinen vor den Nationalsozialisten geflohenen Eltern zurück in deren Heimat Deutschland kam, als Fotokünstler sah sich Loewy eher nicht. Und ahnte doch, als er David Hockney und die Hollywood Hills verließ, dass er womöglich eines Tages wiederkommen würde, um in dessen Atelier zu fotografieren. Und vielleicht, so die in jenem Augenblick vage aufkeimende Idee, noch die Arbeitsräume ein paar anderer Künstler, deren Werk er aufrichtig bewunderte. Ohne Herzklopfen, so Loewy, gehe es nun einmal nicht.
Das ist bis heute das entscheidende Kriterium. Elizabeth Peyton findet sich in dieser Auswahl, Chuck Close und Etel Adnan, die er wie alle Welt erst staunend auf der Documenta 13 überhaupt entdeckte. Und bis heute noch eine ganze Reihe mehr. Freilich, das erste Atelier, das er für die „Artists’ Studios“ überschriebene Serie aufgenommen hat, die nun in der Frankfurter L. A. Galerie zu sehen ist, war dann doch nicht jenes von Hockney, sondern das von Alex Katz, den er bei einer Ausstellungseröffnung im Frankfurter Museum für Moderne Kunst ansprach und den er später in New York besuchte. Seither hat Loewy eine ganze Reihe von Serien entwickelt. Stillleben zumeist wie „Jüdisches“, jene vor allem in Frankfurter Privatwohnungen entstandene Werkgruppe, die Mitte der neunziger Jahre als Buch erschienen ist und mit der Loewy erstmals öffentlich als Künstler in Erscheinung trat; die Pariser Schaufensterblicke der „Lèche-vitrines“ und keineswegs zuletzt die verwischten, aus Büchern, Lexika und Katalogen abfotografierten „Drawings“, die konzeptuell vielleicht den „Studios“ am nächsten stehen.