Eine Stadt in Schockstarre
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Neuanfang: Vor den Trümmern der Altstadt fährt an einem der ersten Tage des Jahres 1946 eine Bahn am Mainufer Richtung Eiserner Steg. Bild: Fred Kochmann / Institut für Stadtgeschichte
Ähnlich wie in diesen Tagen blickten die Frankfurter auch im Januar 1946 auf ein Jahr jenseits jeder Normalität zurück. Doch mit den Schrecken des Krieges sind die Herausforderungen der Pandemie kaum zu vergleichen.
Das Schreckensjahr 1945 endet in Frankfurt mit einem weiteren Schrecken. In der Neujahrsnacht überzieht ein schwerer Sturm die Stadt, seine Wucht bringt manche Ruine zum endgültigen Einsturz. Weil Trümmer Straßen versperren, muss die Tram umgeleitet werden. Doch im Gegensatz zum Corona-Neujahr 2021 gibt es öffentliche Veranstaltungen, eine davon im unzerstörten Rundfunksaal: Der Kabarettist Michael Arco bietet „Zwei Stunden Frohsinn“. Die Besucher, wegen des ungeheizten Raums in dicke Mäntel gehüllt, vergessen für kurze Zeit die trostlosen Zustände im zerstörten Frankfurt. Von einem normalen Leben kann in der Stadt nicht die Rede sein, aber es herrscht zumindest Frieden.
Ein Jahr zuvor war noch gekämpft worden, obwohl längst jeder in Deutschland, sofern er nicht vollständig verhetzt war, wusste, dass die militärische Niederlage nicht mehr abzuwenden war. Auch eine Stadt wie Frankfurt, fernab der bröckelnden Fronten im Herzen des Deutschen Reiches gelegen, war vom Krieg nicht verschont worden. Von 1940 bis 1945 hatten alliierte Bomber die Mainmetropole 54 Mal aus der Luft angegriffen und schwerste Verwüstungen angerichtet. Die schlimmsten Folgen hatten die Angriffe im März 1944: Etwa 7000 Gebäude wurden zerstört, gut 120.000 Bewohner verloren ihre Heimstatt. Am 8. Januar 1945 warfen rund 500 amerikanische Flugzeuge ihre Bombenlast mehr oder weniger ungehindert über den Mainbrücken, über den Industriebetrieben in Sachsenhausen und über diversen Bahnanlagen ab. Zum letzten Mal setzten die „Fliegenden Festungen“ der Alliierten der längst verwüsteten Stadt am 9. März zu.
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