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Finale der Vierschanzentournee : Huldigung an „König Kamil“ – Geiger auf Platz zwei

Kamil Stoch, der große Stilist, dominiert die Vierschanzentournee – und das, nachdem schon vor dem ersten Sprung alles vorbei schien. Bild: Reuters

Kamil Stoch gewinnt auch das letzte Springen der Vierschanzentournee und sichert sich überlegen den Gesamtsieg. Der Deutsche Karl Geiger findet es „wahnsinnig“ – und freut sich über seinen zweiten Platz.

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          Zweiter, Vierter, Erster, Erster: Wer eine solch beeindruckende Serie vorweisen kann, ist wirklich der Beste. Die 69. Auflage der Vierschanzentournee – ein Fall für Kamil Stoch. Für „König Kamil“, den Stolz Polens. Für den Skispringer, der bei allen vier Wettkämpfen in Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen, Innsbruck und nun beim Finale am Mittwochabend in Bischofshofen seine große Klasse und Konstanz gezeigt hat. Schon im ersten Durchgang setzte der Führende der Gesamtwertung ein deutliches Zeichen, denn mit 139 Metern zeigte er den bis dahin besten Sprung des Wettkampfs.

          Ralf Weitbrecht
          Sportredakteur.

          Neben dem in Bischofshofen zweitplazierten Norweger Marius Lindvik vermochte einzig noch Karl Geiger in der Liga des großartigen Polen zu springen, was erfreulich und bitter zugleich war. Hätte es nicht diesen einen bösen Absturz am Innsbrucker Bergisel gegeben, wo Geiger nach einem verpatzten ersten Sprung lediglich 16. geworden war – der Rückstand auf Stoch wäre bedeutend kleiner gewesen. So schaffte es der 27 Jahre alte Oberstdorfer immerhin noch, sich mit einem tollen letzten Wettkampf von dieser Tournee zu verabschieden: als Zweiter im Gesamtklassement, noch vor Titelverteidiger Dawid Kubacki.

          Verdienter Sieger aber, das war Stoch, der mit seinem letzten, technisch perfekten Sprung sogar noch auf 140 Meter kam. Für den 33 Jahre alten Polen ist es der dritte große Wurf bei der Vierschanzentournee. Schon 2017 und 2018 war Stoch das Maß aller Dinge. Bei der Titelverteidigung schaffte er es sogar, alle vier Einzelspringen zu gewinnen – wie dies vor ihm erstmalig 2002 Sven Hannawald geglückt war.

          Bei dem mit Spannung erwarteten letzten Wettkampf auf der Bischofshofener Paul-Außerleitner-Schanze ist Geiger als Zweiter der insgesamt 50 Sportler über den Bakken gegangen. Dies hätte er sich gerne erspart, denn es bedeutete auch, dass der Oberstdorfer lediglich 25. in der Qualifikation geworden war. Sein Gegner im ersten K.-o.-Duell unter Flutlicht war der Pole Andrzej Stekala, der vierte Mann aus dem starken Quartett um Stoch, Kubacki und Piotr Zyla.

          Vierschanzentournee

          Auf den Sprung seines Spezis Markus Eisenbichler, Achter der Qualifikation, musste Geiger also länger warten. Der dreimalige Weltmeister bekam es im ersten Durchgang mit dem Russen Jewgeni Klimow zu tun. Eine Aufgabe, der Eisenbichler auf der Fliegerschanze im Pongau nicht gewachsen war. Er wollte sein Glück mit Gewalt erzwingen – und er erlebte einen Absturz. Lediglich 120,5 Meter, das kann Eisenbichler in Normalform besser, viel besser. Weil Klimow viereinhalb Meter weiter sprang, war dies gleichbedeutend mit dem späteren Aus für den Bayer.

          Platz 35 nur im ersten Durchgang – eine große Enttäuschung für den ehrgeizigen Gefühlsspringer, der einmal nur, bei seinem überragenden 142-Meter-Sprung beim Auftakt in Oberstdorf, seine große Klasse gezeigt hat. „Das war ein Dreckssprung heute“, sagte Eisenbichler nach seinem unvollendeten Finale von Bischofshofen in einer ersten Reaktion im ZDF. „Ich habe einfach nicht das Selbstbewusstsein gehabt und bin am Suchen gewesen. Es ist kein Genuss im Flug, ich bin nicht locker.“

          Locker, das waren die anderen, und interessant und wichtig für Geiger waren die Duelle ganz am Schluss. Halvor Egner Granerud, der Führende im Gesamtweltcup, musste sich mit Altmeister Simon Ammann auseinandersetzen. Stoch bekam es mit dem Kanadier Matthew Soukup zu tun. Der Norweger setzte sich mit 133 Metern durch, war aber nicht in der Lage, seinen Vorsprung in der Gesamtwertung vor Geiger zu behaupten. Einzig Stoch, der große Stilist, war besser als Geiger.

          Wie ein Adler flog Stoch auf 139 Meter, und wieder gab es kein Ruckeln und kein Wackeln in der Luft. Stoch ist und bleibt eine sichere Bank – und nur noch ein letzter Sprung trennte ihn von seinem großen Coup. Geiger lag vor diesem 32 Punkte hinter dem Polen zurück. Ein zu großer Abstand, um Stoch doch noch zu gefährden. „Kamil hat es wahnsinnig gemacht“, sagte Geiger, der froh war, „dass ich es so noch hingebracht habe“.

          Stoch also hat den hohen Erwartungen standgehalten. „Er ist ein außergewöhnlicher Sportler, der im Skispringen alles kann“, sagte sein einstiger Trainer Stefan Horngacher, der sich nach seiner höchst erfolgreichen dreijährigen Arbeit in Polen dem Deutschen Skiverband anschloss, wo er seit zwei Jahren bestrebt ist, den Traum vom Gesamtsieg eines Deutschen bei der Vierschanzentournee wahr werden zu lassen. Der Unterschied zwischen seinen Spitzenspringern Geiger, dem er in Bischofshofen „zwei super Sprünge“ attestierte, und Eisenbichler sowie seinem einstigen Athleten Stoch? „Kamil ist dafür da, um zu gewinnen.“

          Nicht irgendeinen Wettkampf, sondern eine Wettkampfserie, die seit Jahrzehnten über besondere Strahlkraft verfügt: die deutsch-österreichische Vierschanzentournee. Wieder einmal sind es die Polen gewesen, die zunächst wegen eines falsch-positiven Corona-Tests ausgeschlossen waren, aber dann doch noch dabei sein durften – und die das Geschehen dominiert haben. Stochs dritter Coup war der vierte Sieg eines Polen in den vergangenen fünf Jahren. Das ist ganz große Klasse – und weiter Ansporn für die Deutschen und ihren langgehegten Traum.

          Vierschanzentournee

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