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Deutschland besiegt Island : Herzhaft im Rennen

Wieder einmal eine zentrale Figur im deutschen Spiel: Uwe Gensheimer ballt die Faust nach einem Treffer. Bild: dpa

Im ersten Spiel der WM-Hauptrunde zeigt Deutschland seine ganze Klasse. Angepeitscht vom Publikum in Köln siegt die Handball-Nationalmannschaft 24:19 über Island. Das Halbfinale rückt näher.

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          Ob das mit dem Wohnzimmer die passende Metapher ist, müsste man sich vielleicht noch einmal überlegen. Eine solche Phonstärke würden vermutlich nicht einmal entfernte Nachbarn hinnehmen, da müsste es schon der Partykeller sein. Aber es geht hier um das Wohlfühlklima einer speziellen Klientel, und dass die Handballspieler es nicht laut genug haben können, hatten sie schon vor der Abreise aus Berlin zum Ausdruck gebracht. Willkommen also in Köln und seiner Arena, 6000 Zuschauer mehr als in der Hauptstadt und dazu eine lebendige Erinnerung: an den Sieg bei der Heim-WM 2007. Verdammt lang her, aber für das Kölner Publikum umso mehr Anlass, auch diesmal alles zu geben, ganz wie es sich die Mannschaft und ihr Trainer Christian Prokop gewünscht hatten.

          Handball-WM 2023
          Christian Kamp
          Sportredakteur.

          Und die Spieler taten das Ihre, 24:19 hieß es am Samstagabend zum Hauptrundenstart gegen Island. Die 19.000 Zuschauer sahen eine zu allem entschlossene deutsche Mannschaft, bei der die Defensive mit dem exzellenten Torwart Andreas Wolff wieder überzeugte. Nach vorne war eher Kraft als Köpfchen ausschlaggebend. Steffen Fäth war der beste Werfer, mit sechs Treffern. Zu den drei Punkten aus der Vorrunde sind zwei weitere hinzugekommen. „Das ist die schönste Zeit, die wir erleben. Wenn man von privaten Glücksmomenten absieht, ist das beruflich die schönste Zeit in unserem Leben“, sagte Prokop anschließend. „Wir haben den ersten schweren Schritt gemacht.“ Auch Aufbauspieler Paul Drux war schwer beeindruckt vom Publikum. „Es ist der Wahnsinn! Ich verstehe kaum mein eigenes Wort, ich habe so etwas noch nie erlebt.“

          So baut man in Köln am Eigenheim, ehe es wieder auf Reisen gehen soll – zum Halbfinale am Freitag in Hamburg. Die Chancen dafür stehen gut, wenngleich die Herausforderungen noch einmal wachsen: Am Montag geht es gegen Kroatien, am Mittwoch gegen Spanien. Der Europameister unterlag Weltmeister Frankreich 30:33 – ohne „Les Experts“ läuft keine Rechnung bei dieser WM. Schon da war die Kölner Arena prall gefüllt und in Stimmung. Zur Prime Time war es atmosphärisch dann wie angeknipst.

          Spielplan der Handball-WM 2019 in Deutschland und Dänemark

          Prokop hatte angekündigt, dass der Kader für den Samstag wieder aus 16 Mann bestehen würde, nachdem zuletzt Steffen Weinhold gegen Serbien gefehlt hatte und Kai Häfner als potentieller Ersatz angereist war. Das setzte der Bundestrainer in die Tat um, anders als erwartet: Häfner war dabei, Weinhold auch. Dafür war kein Platz mehr für den jungen Franz Semper. Prokop wollte wohl mehr Routine im Rückraum. Häfner hatte sich schon 2016 beim EM-Sieg als höchst effektiver Nachrücker erwiesen: im Finale warf er die meisten Tore. Seine Bundesliga-Vorrunde mit der TSG Hannover-Burgdorf hat die Hoffnung auf eine Fortsetzung nicht unbedingt genährt.

          Auf Weinholds Stammposition halbrechts – er sollte überhaupt nicht zum Einsatz kommen – begann Fabian Wiede. Regiert wurde der Rückraum zunächst aber von einem anderen: Steffen Fäth. Er gehört zu denjenigen, die das deutsche Team ganz besonders mit Selbstvertrauen braucht. Am Samstag trug er maßgeblich dazu bei, dass es nach sieben Minuten 5:2 stand, unter anderem mit zwei Treffern und einer wunderbaren Vorlage. Doch die merklich steigende Hitze auf dem Parkett tat den Deutschen nicht gut, zwei Zeitstrafen und ein paar isländische Würfe später war die Führung auch schon wieder perdu, 5:6. Und es kostete einige Mühen und Minuten, bis zur 19., sie wieder zurückzuholen.

          Angepeitscht vom Publikum: Wie 2007 war auch in diesem Jahr die Stimmung auf den Rängen in Köln stimmungsvoll.
          Angepeitscht vom Publikum: Wie 2007 war auch in diesem Jahr die Stimmung auf den Rängen in Köln stimmungsvoll. : Bild: dpa

          Das deutsche Spiel war wieder voller Leidenschaft, die Deckung schuftete herzhaft und stellte sich immer besser auf den Star der Isländer ein, Aron Palmarsson. Für einen Sprung nach vorn fehlte es zunächst an Selbstverständlichem auf dem Weg zum isländischen Tor. Doch dieses Manko machten die Deutschen durch ein Mehr an Einsatz wett, so dass sie drei Minuten vor der Sirene zum ersten Mal eine Vier-Tore-Führung herauswarfen, 14:10 hieß es schließlich, begünstigt auch dadurch, dass der offenbar verletzte Palmarsson nicht mehr mitwirken konnte – nur ein Bruchteil einer Sekunde fehlte für einen weiteren deutschen Treffer nach einer spektakulären Tat des wieder starken Wolff im Tor.

          Zur Pause wurde es emotional. Die deutsche Weltmeister-Mannschaft von 1978 kam auf das Parkett, an der Spitze im Rollstuhl Joachim Deckarm, von den Kollegen geschoben. Es war sein 65. Geburtstag. Dazu gab es neben Präsenten auch ein Ständchen der Fans in der Arena. In der sportlichen Hauptsache blieb es mühsam und ein wenig wechselhaft. Eine 16:11-Führung schmolz auf 17:15. Es zeichnete sich aber ab, dass die Mannschaft diesmal den Sieg nicht aus der Hand geben würde. Dafür hielt sie mit zu viel Energie und Willen an ihm fest.

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