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Handball-EM gegen Polen : Souveräner deutscher Sieg nach dem Corona-Schock

  • -Aktualisiert am

Zurück im deutschen Tor: Oldie Johannes Bitter Bild: Reuters

Nach dem Corona-Chaos mit neun fehlenden Spielern bei der EM hat das deutsche Handballteam viele Notfalllösungen – und gewinnt gegen Polen ohne weitere Probleme 30:23. Nun wartet Spanien.

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          Als sich Rückraumspieler Paul Drux in der Halbzeit ins Tor stellte und ein paar Würfe abwehrte, wirkte das zunächst wie ein aufmunternder Spaß in der Ondrej Nepela-Arena. Tatsächlich jedoch startete da ein Notfallprogramm: „Wir hatten Drux als Torwart vorgesehen, falls es bei Jogi nicht mehr ginge“, sagte Bundestrainer Alfred Gislason später, „Paul war der einzige, der sich das zutraute.“ Ideenreichtum hilft in diesen merkwürdigen Tagen der Handball-EM. Weil am Dienstagabend gegen Polen neun deutsche Profis nach positiven Corona-Tests fehlten, mussten kreative Lösungen her.

          Handball-EM 2022

          Es hätte sicher Unterhaltungswert gehabt, die Torwartkünste von Drux mitzuerleben. Zum Glück aus deutscher Sicht hielt der 39 Jahre alte Johannes Bitter als letzter Torwart im Aufgebot aber durch und half beim 30:23-Sieg der deutschen Auswahl tatkräftig mit. Seine 25 Prozent abgewehrter Würfe waren aller Ehren wert – Bitter, Nationalspieler auf Abruf, war erst am Dienstagmorgen aus Hamburg über Wien nach Bratislava gereist, hatte zwei negative Corona-Tests hinter sich gebracht und spielte am Abend durch, weil beide Torhüter, Andreas Wolff und Till Klimpke, isoliert in ihren Einzelzimmern im Hotel weilten.

          Mit Bitter im Flugzeug saß Rune Dahmke, der Kieler Linksaußen. Er sagte fröhlich: „Ich habe meine Mannschaft hier zum ersten Mal im Bus zur Halle gesehen. Ich habe aber sofort gemerkt, welch gute Stimmung herrscht.“ Nach dem Schock der vergangenen 36 Stunden raffte sich Gislasons Team zur besten Turnierleistung auf – die Abwehr um Johannes Golla und Patrick Wiencek rührte im Zentrum Beton an und war kaum zu überwinden. Das war der Schlüssel zum Sieg.

          Die Deutschen freuen sich über zwei Punkte für die Hauptrunde. Dort geht es Donnerstag(18.00 Uhr gegen Spanien) , Freitag (20.30 Uhr gegen Norwegen), Sonntag (18.00 Uhr gegen Schweden) und Dienstag (18.00 Uhr gegen Russland). „Wir nehmen alles mit und wollen alles gewinnen“, sagte Linkshänder Christoph Steinert, die Turnier-Entdeckung, mit neun Treffern diesmal bester Torschütze, „ab sofort gibt es nur noch Endspiele.“ Tatsächlich kann sich das Team auf dem Weg ins Halbfinale nach Budapest sogar eine Niederlage leisten.

          Vor dem Spiel waren die Gedanken andere. „Wir haben am Montagabend alle Spieler gefragt, ob sie aus dem Turnier aussteigen möchten“, sagte Sportvorstand Axel Kromer, „keiner hat sich gemeldet. Den Punkt Heimreise hätten wir diskutiert, wenn die Mannschaft sich geäußert hätte, es geht nicht mehr.“ Immerhin sagte Kromer, dass das Nachnominieren Grenzen habe und die Hoffnung bestehe, mit den nun Anwesenden auszukommen – die Gruppe ist durch die fünf Hinzugekommenen ja auch beträchtlich gewachsen.

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          Und wird noch größer. Am Mittwoch sollen Torwart Daniel Rebmann und Linksaußen Patrick Zieker aus Deutschland dazu stoßen. Julius Kühn wird Donnerstag zurück erwartet, die anderen Corona-Fälle in den Tagen danach. Weil niemand sich den Corona-Ausbruch erklären kann, wurde sogar erwogen, aufs Training zu verzichten. Soweit wollten Kromer aber doch nicht gehen: „Wir werden die minimalen Kontakte, die wir haben, weiterhin aufs Training konzentrieren.“

          Im Spiel scheute kein Deutscher den Kontakt. Verbissen verteidigten sie ihr Tor. Polen war mit zehn Corona-Fällen seit dem 12. Januar ähnlich gebeutelt wie der DHB. Vier Stammspieler des Innenblocks fehlten. Zwar haben sie Profis vom Champions-League-Klub Kielce, aber auch viele aus kleineren Vereinen – sie sind im Aufbau für die Heim-WM 2023. So wurde es über das 15:13 zur Halbzeit und das 19:15 in der 40. Minute ein deutlicher Sieg, der beim 26:21 fünf Minuten vor Schluss feststand.

          Corona getrotzt und Widerstandskraft bewiesen, das gefiel Kapitän Golla: „Es ist super, dass die Jungs aus Deutschland gekommen sind. Dadurch sind wir nicht schlechter geworden. Mein Dank geht an sie.“ Der bestaunte Mann des Abends war indes einer, der seit Beginn dabei ist: Der Gummersbacher Julian Köster, 21, brauchte für sechs Tore sechs Versuche, spielte hinten abgeklärt und steuerte vorn feine Anspiele bei. „Nun haben alle Zweifler kapiert, wie gut er ist“, sagte Gislason zufrieden.

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          Ungarn bei Handball-EM ausgeschieden

          Ko-Gastgeber Ungarn ist bei der Handball-Europameisterschaft überraschend schon in der Vorrunde gescheitert. Die Magyaren verloren am Dienstag gegen Island mit 30:31 (17:17) und schlossen die Gruppe B nur als Dritter ab. Neben den noch ungeschlagenen Isländern zog Außenseiter Niederlande dank eines 32:31 (17:13) gegen Portugal als Tabellenzweiter in die Hauptrunde ein. (dpa)

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