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Wie die F.A.Z. berichtet : Hingehen, hinsehen, nachfragen in Qatar

  • -Aktualisiert am

Es ist wichtig, dass Reporter eine Großveranstaltung wie die Fußball-Weltmeisterschaft nicht ignorieren. Bild: EPA

Sport-Großereignisse in Autokratien? Die alte, kalte Kalkulation der FIFA geht nicht mehr auf. Auch wegen der kritischen Berichterstattung über Qatar und die WM.

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          Boykotte sollen keine Option sein. Das behauptet der organisierte Sport, wenn mal wieder eines seiner gewaltigen Feste in einer Diktatur, einer Autokratie, in einem Land gefeiert werden soll, in dem Menschen auf unterschiedlichste Weise unterdrückt werden. Die Funktionäre beschwören dann immer das Völkerverbindende des Sports, den Wandel durch Nähe.

          Fußball-WM 2022

          Bleibt er aus, ist immerhin das Geschäft gerettet. So geschah es in den vergangenen Jahrzehnten, zuletzt vor ein paar Monaten bei den Olympischen Winterspielen in China. Dort verbeugte sich der Sport vor der Machtpolitik und stieß auf Gold an, während Uiguren in chinesischen Umerziehungslagern unsagbar litten.

          Es gibt im Gegensatz zur Auffassung vieler Sportführer ausreichende Gründe, Boykotten eine heilsame Wirkung nachzusagen; zwar nicht unbedingt auf die Innenpolitik eines Diktators. Aber die Weigerung einer nicht unbedeutenden Gruppe von Fußballfans im Westen, die Fußball-Weltmeisterschaft im Fernsehen zu schauen, wird Sendern und Sponsoren des Weltverbandes (FIFA) wehtun.

          Ob die FIFA an ihrer Gier erstickt? Vermutlich nicht. Aber sie wird die Zeitenwende verstehen müssen. Und sei es nur, weil unter der berechtigten Kritik ihr Business leidet, Sponsoren um ihr Image und damit um ihren Gewinn fürchten.

          Alte Kalkulation geht nicht auf

          Wenn es ums Geld geht, kommt Bewegung ins Spiel. Länder wie Russland, China oder nun auch das kleine Qatar werden deshalb in Zukunft kaum mehr Chancen haben, sich ohne tiefgreifende Reformen als Spielplatz des Weltsports präsentieren zu dürfen. Andernfalls entsteht eine Boykottbewegung, die das Verbandssystem des Sports samt seiner Machtverteilung gewaltig erschüttern, wenn nicht gar zerstören könnte.

          Die alte, kalte Kalkulation geht nicht mehr auf. Das ist auch die Folge einer kritischen Berichterstattung, der sich Qatar nicht nur seit der rücksichtslosen, dubiosen FIFA-Wahl 2010 ausgesetzt sieht. Schließlich akquirierte das Land schon zuvor Titelkämpfe einer Reihe von Sportarten, darunter die Leichtathletik-Weltmeisterschaft von Doha 2019.

          Berichte und Kommentare mögen nicht immer ausgewogen gewesen sein, was häufig mit der Distanz zusammenhängt. Umso wichtiger ist es für Reporter, eine Veranstaltung, die täglich Hunderte Millionen Menschen verfolgen, nicht zu ignorieren.

          Allein die Vorstellung, in einem von ausgebeuteten Arbeitsmigranten gebauten Fußballtempel, nicht wenige kamen dabei ums Leben, viele Millionäre beim Kicken beurteilen zu müssen, ist schon bedrückend. Aber nur wer hingeht, hinschaut, hinhört und nachfragt, wird das Gute und das Schlechte, das Wunderbare und Abstoßende, das Inspirierende und Erschütternde entdecken, ein umfassendes Bild in die Welt schicken können.

          Davon wird an dieser Stelle in den nächsten vier Wochen zu lesen sein. Von dem, was auf dem Rasen und abseits davon geschieht, die Menschen bewegt oder, in jeder Hinsicht, fesselt. Wir werden dabei keine Rücksicht nehmen. Weder auf die Erwartungen von Kritikern noch auf die Wünsche von Schwärmern.

          Anno Hecker
          Verantwortlicher Redakteur für Sport.

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