Golf-Stars mit Problemen : Die Verletzlichen
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Schmerzverzerrtes Gesicht: Tiger Woods hat schon lange nicht mehr ohne Probleme Golfspielen können. Bild: AFP
Golf wird immer athletischer, und die Stars fallen immer öfter mit Blessuren auf – nur die Dicken nicht. Besteht da ein Zusammenhang? Die Zeichen sind eindeutig.
Sind Profigolfer Athleten? Müssen die Damen und Herren, die spielend viel Geld verdienen, ihren Körper genauso stählen wie Kollegen anderer, viel anstrengenderer Sportarten? Die Zweifel daran beruhen vor allem auf einem alten, auf einem böswilligen Vorurteil: Golf ist kein richtiger Sport, eher ein Freizeitvergnügen für übergewichtige ältere Herren. Man geht spazieren und prügelt ab und an auf einen kleinen Ball ein. Das erfordert, glaubt man den Vorbehalten gegenüber dem Spiel, vor allem Geschicklichkeit, vielleicht noch eine gute Hand-Augen-Koordination, aber weder Ausdauer noch besondere athletische Fähigkeiten wie Kraft oder Beweglichkeit.
Ein Blick auf die derzeit besten Spieler der Welt widerlegt dieses Vorurteil. Mit Dustin Johnson führt ein Mann die Weltrangliste an, den sein Fitness-Coach Joey Diovisalvi als den begabtesten Multi-Sport-Athleten bezeichnet, den er je unter seinen Fittichen hatte. Johnson, ein 1,93 Meter großer und 90 Kilogramm schwerer Amerikaner, kann den Ball mit dem Driver locker über 300 Meter schlagen – und das mit einer erstaunlichen Präzision. In seiner Jugend hat der neue Branchenführer alle möglichen Sportarten betrieben, vor allem Basketball, Baseball und Schwimmen.
Einen Dunking aus dem Stand – barfuß
Der 32 Jahre alte US-Open-Champion von 2016 beherrscht noch heute die Rollwende im Becken perfekt, schafft barfuß aus dem Stand einen Dunking, ja, seine Wurftechnik ist sogar so gut, dass er im März 2015 den ehemaligen NBA-Profi Shane Battier, der bis Ende 2014 für die Miami Heats spielte, in einem Drei-Punkte-Wettbewerb besiegte. Dazu verbesserte Johnson seine Ausdauer mit stundenlangen Fahrten auf dem Rennrad in seiner Wahlheimat Jupiter in Florida. Nicht nur in Sachen Fitness vertraut er einem Fachmann, auch ein Ernährungsberater steht ihm zur Seite.
Auch wenn der Australier Jason Day und der Nordire Rory McIlroy, zwei ehemalige Weltranglistenerste, sich im Gegensatz zu Johnson von frühester Jugend auf Golf konzentrierten, legen auch diese beiden großen Wert darauf, ihren Körper zu stählen. Sie sind seit 2013 deutlich muskulöser geworden, McIlroy lässt sich von Steve McGregor trimmen, einem promovierten Sportwissenschaftler, der auch die Fußballprofis von Manchester City und die britischen Tennisspieler athletisch fortbildet. McIlroys Sponsor Nike veröffentlichte etliche Videos, die den 27 Jahre alten viermaligen Major-Sieger beim Training mit Gewichten zeigen, Besonders eindrucksvoll ist die Sequenz, in der er aus dem Stand auf einen hohen Schemel springt.
Sprungkraft und die Fähigkeit, weite Schläge ausführen zu können, korrelieren nach wissenschaftlichen Untersuchungen: Je höher man aus dem Stand springen kann, umso weiter kann man den Golfball schlagen. Kein Wunder, dass McIlroy trotz seiner Körpergröße von nur 1,75 Metern zu den „Längsten“ und Präzisesten auf der Tour zählt, etwas, das auch für Day gilt. Als der Südafrikaner Gary Player, mit 1,68 Metern ebenfalls nicht mit Gardemaß ausgestattet, Ende der fünfziger Jahre mit Kraft- und Fitnesstraining begann, wurde das von den Kollegen mal belächelt, mal kritisch gesehen. Vermeintliche Experten sagten gar voraus, dass er damit seinen Schwung ruinieren und nie mehr ein Turnier gewinnen würde. Sie irrten. Player gewann neun Majors und feierte in aller Welt weit über hundert Erfolge.
Heute gibt es kaum einen Weltklassespieler, der nicht regelmäßig auch an seinem Körper arbeitet. Es gibt zwar noch vereinzelt deutlich übergewichtige Turniersieger wie den Thailänder Kiradech Aphibarnrat, den Iren Shane Lowry und den Engländer Andrew „Beef“ Johnston. Aber Profis mit solch rundlicher Figur sind heute die Ausnahme. Fast alle Spitzenspieler wirken schon auf den ersten Blick wie austrainierte Athleten.