Halbfinals der Handball-WM : „Ich bin ein bisschen durchgedreht“
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Aufregung in Danzig: Dänemarks Torwart Niclas Landin (links) und der Spanier Daniel Dujshebaev Bild: EPA
Dänemark und Frankreich spielen im Finale der Handball-WM. Auf dem Weg dorthin verliert der dänische Torwart Niklas Landin kurz die Beherrschung. Nun warten die abgezockten Franzosen und Kentin Mahé.
Ein bisschen verrückt? Das gängige Torhüterklischee wollte Niklas Landin so nicht stehen lassen. „Ich nicht!“, erwiderte er am Freitagabend nach dem Sieg im Weltmeisterschafts-Halbfinale. Mit seinen Dänen hatte er gerade Spanien mit 26:23 bezwungen, er selbst hatte kurz vor Schluss den Siebenmeter von Ferran Sole pariert, der aus diesem Duell noch einmal einen Thriller hätte machen können, und nach insgesamt 15 Paraden war er zum Spieler des Spiels gewählt worden.
Aber ein bisschen rätselhaft, offenbar auch für ihn selbst, blieb diese eine aus der ersten Hälfte, als er einen Wurf von Daniel Dujshebaev auf dem Weg zum Tor aufhielt. Landin wähnte sich wohl auch irgendwie im Gesicht getroffen, jedenfalls ging er wild auf Dujshebaev los, sofort waren Kollegen beider Teams zur Stelle, ein großes Getümmel, doch nach Ansicht der Videobilder entschieden die deutschen Schiedsrichter Schulze/Tönnies: Da war nichts. „Ich bin ein bisschen durchgedreht für ein paar Sekunden, naja, fast für eine Minute“, sagte Landin, den der Ball tatsächlich nicht im Gesicht, sondern noch am Oberkörper am Halsansatz traf.
Wenn selbst ein eher ruhiger Vertreter wie Landin so die Beherrschung verliert, dann zeigt das vor allem eines: unter welchem Druck die Torhüter im Handball stehen. Weil sie oft die entscheidenden Männer sind. Es sein müssen. Dänemark gegen Spanien, das war auch das Duell Landin gegen Gonzalo Perez de Vargas, den spanischen Schlussmann, und dass nun die Skandinavier an diesem Sonntag (21.00 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Handball-WM und bei Eurosport) im Endspiel stehen und zum dritten Mal nacheinander den Titel gewinnen können, hatten sie an diesem Abend nicht zuletzt Landin zu verdanken, dem 34 Jahre alten Torwart des THW Kiel.
„Unsere Abwehr war wirklich gut“
Während die Wurfquoten der Starspieler nach unten zeigten, die von Mikkel Hansen ebenso wie die von Mathias Gidsel, während also das dänische Dynamit im Angriff nicht mehr zündete, entschärfte Landin hinten entscheidende Bälle. Die Komplimente dafür reichte er an die Kollegen weiter. „Unsere Abwehr war wirklich gut“, sagte er, mit Magnus Saugstrup und Henrik Møllgaard im Innenblock vor ihm sei es „fast perfekt“ gewesen.
Das ist, angesichts der französischen Wucht in der Offensive, die im Finale wartete, eine beruhigende Situation für die Dänen, die körperlich nicht mehr ganz auf der Höhe wirkten am Ende dieses kraftraubenden Turniers. Für das Halbfinale hatten sie von Schweden nach Danzig reisen müssen, gleich danach ging es wieder zurück. Dass sie nun zum dritten Mal nacheinander Champions werden können, sei auch „ein großer Druck“, wie Landin sagte, aber die „Vorfreude auf das große Finale“ überwiege.
Es wird so etwas wie ein Heimspiel für sie werden in Stockholm. Seit nunmehr 27 WM-Spielen sind sie ungeschlagen, und an der Unterstützung von außen wird Nummer 28 nicht scheitern. Und sonst? Landin sagte, dass es trotz dieser Aura der Unbesiegbarkeit auch Schwächen gebe im dänischen Team. Wo diese liegen, wollte er verständlicherweise nicht sagen. Sicher ist: im Tor nicht.