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Darmstadt 98 in zweiter Liga : Kein Knall – aber deutliche Worte

  • -Aktualisiert am

Keiner, der polarisiert, aber einer, der vorangeht: Fabian Holland Bild: Huebner

Verspielt der SV Darmstadt 98 in der heißen Saisonphase seine gute Ausgangslage im Kampf um den Aufstieg in die Fußball-Bundesliga? Um das zu verhindern, kommt es auch auf Kapitän Fabian Holland an.

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          Es wirkt wie aus einer anderen Darmstädter Fußball-Epoche: Es war Sommer 2014, die „Lilien“ stimmten sich als Aufsteiger bei der offiziellen Saisoneröffnung auf die Zweitligasaison ein. Trainer und Mannschaft, ein paar Sponsorenvertreter, sonst waren es eher „friends and family“, wie Angelsachsen sagen würden, die sich im Klubhaus eines südhessischen Golfklubs einfanden. Auf der Terrasse saß etwas abseits Fabian Holland. Blick und Körpersprache des Neuzugangs von Hertha BSC verdeutlichten vor allem eins: bitte nicht ansprechen. Der damals 24-Jährige bekam auch wirklich kaum die Zähne auseinander. Nicht viel deutete daraufhin, dass dort eine der klügsten und nachhaltigsten Personalentscheidungen des SVD saß – und hoffte, dass dieser Abend möglichst bald vorüber gehen möge.

          2. Bundesliga

          Acht Jahre und acht Monate später ist Holland eine Darmstädter Spielerpersönlichkeit, die hohes Ansehen genießt. Die auf dem Platz eine leistungsstarke Konstante ist und abseits des Feldes integriert und vorangeht. Der gebürtige Berliner hat als Kapitän großen Anteil an dem nun schon lange anhaltenden Aufschwung gen Zweitliga-Tabellenspitze, der mit einem angenehmem Binnenklima in der Mannschaft einhergeht.

          Nun ist „Fabi“, wie er im SVD-Kosmos allseits nur genannt wird, sicher kein lautstarker Poltergeist mit Testosteronüberschuss. Ein Leisetreter, wie ihm aufgrund seiner ruhigen, unaufgeregten Art schon mal unterstellt wurde, ist er aber auch nicht. Holland ist keiner, der polarisiert oder (öffentlichkeits-)wirksam seine Autorität stärkt. Dafür sind seine Aussagen in Mikrofone hinein oft etwas zu spröde.

          Nach innen, heißt es, wirke Holland aber meinungsstark, jedem zugewandt und mit feinem Humor. Seit mehr als vier Jahren schon. Als Gegenentwurf zu seinem Vorgänger Aytac Sulu übernahm er im Januar 2019 das Kapitänsamt. Damals noch während der zweiten, deutlich weniger erfolgreichen Ägide von Trainer Dirk Schuster, dem die Darmstädter an diesem Samstagabend (20.30 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur 2. Bundesliga, bei Sport1 und Sky) als Kaiserslauterer Coach im Stadion am Böllenfalltor gegenüberstehen. Auch die Nachfolger Grammozis, Anfang und Lieberknecht hielten an Holland als Führungskraft fest.

          Einer der besten Linksverteidiger der Liga

          Er ist längst einer der besten Linksverteidiger der zweiten Liga und überzeugt auch bei seinen Einsätzen im zentralen Mittelfeld. „Wir spielen als komplette Mannschaft eine sehr gute Saison, das macht jedes für jeden einzelnen Spieler leichter. Für mich war es schon eine neue Erfahrung, so häufig in der zentraleren Position zu spielen, wo ich mich aber sehr wohl fühle“, sagt Holland im Gespräch mit der F.A.S..

          Am vergangenen Samstag trat Holland aus seiner Rolle als ausgewogener Moderator beim SVD hinaus und setzte einen anderen Ton. Die 1:3-Niederlage bei Arminia Bielefeld wurmte ihn gewaltig und seine an die Kollegen, deren (erstmals in dieser Saison) nicht ausgeprägten Kampfgeist er vermisste, gerichtete Botschaft war unmissverständlich: Reißt Euch zusammen!

          2. Bundesliga

          Mit ein paar Tagen Abstand sagt Holland: „Wir sind alle sehr ehrlich zueinander, auch das macht unser Team aus. Da fallen dann auch mal Worte, die im ersten Moment nicht schön sind, die uns als Mannschaft aber nach vorne bringen. Es ist wichtig, dass es nicht nur Lob und Schulterklopfer gibt. Es gab jetzt keinen großen Knall, aber uns war allen wichtig, einige Dinge anzusprechen.“ Ein Remis (gegen den HSV) und zwei Auswärtsniederlagen (Heidenheim und Bielefeld) lautete die trübe Bilanz aus den letzten drei Partien.

          Um ihre immer noch sehr kommode Position im Aufstiegskampf nicht zu gefährden, bauen die Darmstädter auf eine schnelle Trendwende. Auf Hollands ausgewogene Art. „Wir betonen nicht umsonst seit dem Saisonstart, wie ausgeglichen die Spiele in dieser Liga sind. Da muss man sich jedes Wochenende alles neu erarbeiten und da kann es eben passieren, dass man mal den Kürzeren zieht. Wir als Mannschaft sind extrem gefestigt und haben immer wieder gezeigt, dass wir mit Rückschlagen sehr gut umgehen können. Wir glauben an unsere eigene Stärke, können Situationen gut einschätzen und machen uns nicht verrückt“, so Holland.

          Aber natürlich weiß auch der 32-Jährige um die Bedeutung des Spiels gegen die Pfälzer vom ehemaligen Trainer Schuster. „Wir sind uns bewusst, dass wir uns wieder steigern müssen. Und auch werden.“

          Der Defensivspieler ist ein Ausbund an Konstanz, es fällt schwer, sich an ein richtig schwaches Spiel von ihm zu erinnern. Zu seiner Verlässlichkeit und Klasse kommt, dass er besonders unanfällig für Verletzungen ist. In den nun sechs Zweitligasaisons seit dem Darmstädter Bundesligaabstieg 2016 hat Holland nur ganze elf Spiele verpasst. Eine bärenstarke Quote, die schon so manchen Linksverteidiger-Backup im Darmstädter Kader zur Verzweiflung trieb. In der vergangenen und dieser Spielzeit hat das 1,71 Meter kleine Kraftwerk, von einer einzigen Auswechselung in der 88. Minute abgesehen, jede Minute auf dem Platz gestanden. Was auch nötig war angesichts der enormen Verletzungsprobleme der Mannschaft seit Monaten.

          Ein Verlust an Substanz war in den vergangenen Wochen nicht zu leugnen. „Natürlich fehlt dadurch eine Komponente in der Kaderbreite, vielleicht auch, was dann die Optionen von der Bank angeht“, sagt Holland. „Aber wir haben uns sehr gut durch diese Situationen durchgeboxt.“ Da geht der Kapitän, der einst bei seiner Ankunft in Darmstadt noch ein Schweiger war, mit bestem Beispiel voran.

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