Darmstadts Braydon Manu : Die schnellste Maus vom Böllenfalltor
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Die schnellste Maus von Darmstadt: Braydon Manu Bild: Huebner
Keiner spielt so unkonventionell wie Braydon Manu, der auch außerhalb des Platzes gern extravagant agiert: Was einst eine Schwäche war, ist nun ein Trumpf von Darmstadt 98 im Kampf um den Aufstieg.
Im vorigen Jahr kannten ihn viele noch gar nicht. Ein Beispiel war die Szene, als der kleine Mann in Jeans und mit einem Anglerhut auf dem Kopf am Millerntor mit den „Lilien“-Profis den Auswärtssieg auf St. Pauli feiern wollte – und die Ordner ihn für einen verirrten Fan hielten und abführen wollten. In der vorigen Saison kam Braydon Manu zwar auf 21 Einsätze (vier Tore, vier Assists), aber er stand kein einziges Mal für volle 90 Minuten auf dem Platz.
Dafür reichten die Kräfte des feingliedrigen, aber gleichzeitig vor Energie und Spiellust nur so sprühenden Ghanaers mit norddeutscher Herkunft nicht. In dieser Spielzeit hat er nur am ersten Spieltag, der dem SVD die bis dato einzige Saisonniederlage in Regensburg – Rückrundenauftaktgegner an diesem Samstag (13.00 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur 2. Bundesliga und bei Sky) am Böllenfalltor – einbrachte, nicht in der Startelf gestanden.
Seit Herbst hat sich Manu auch die Substanz angeeignet, 90 Minuten lang seinen enorm kraftraubenden, unkonventionellen und actionreichen Spielstil durchzuhalten. Die Darmstädter Fans haben ihn, der auch schwere Zeiten am Böllenfalltor erlebt hat nach seiner Ankunft 2019 aus Halle, ins Herz geschlossen. Auch die Gegner kennen den 25-Jährigen mittlerweile gut, der Name Manu wird in den Teambesprechungen fallen, verbunden mit allerlei Warnungen. Vor dessen Schnelligkeit, vor dessen Verve, vor dessen Finten. Vier Treffer und fünf Torvorlagen in der für die „Lilien“ so gelungenen Hinserie sprechen für ihn.
„Offensiv kann er ‚wilde Maus‘ spielen“
Und doch ist Braydon Manu ein Spieler, den eine Mannschaft erst mal aushalten muss. Der zwar eine Menge sogenannter tiefer Läufe anbietet, aber auch häufig als Darmstädter Freestyler kreuz und quer rennt und Defensivaufgaben vernachlässigt. Es ist das Verdienst von Trainer Torsten Lieberknecht, dass er – auch aus der personellen Not heraus – eine Funktion und Position für Manu gefunden hat, die dessen Stärken leuchten und seine Schwächen nicht zu sehr ins Gewicht fallen lassen.
Wo er ein Gewinn für das Offensivspiel und keine große Gefahr für die Defensive ist: im Angriff an der Seite von Torjäger Phillip Tietz. „Es ist immer noch wichtig, dass man ihm eine Grundstruktur für die Defensivarbeit mitgibt, da hat er sicherlich auch noch Luft nach oben. In der Vorwärtsbewegung hilft es ihm persönlich, aber auch uns als Mannschaft, wenn er unkonventionell agiert und nicht ganz so große taktische Zwänge hat“, sagt Lieberknecht der F.A.S.: „Diese wilde Art ist ein Element, das dafür gesorgt hat, dass er im Sturm eine weitere Option für sich gefunden hat. Deswegen sagen wir uns auch ganz bewusst: Offensiv kann er ‚wilde Maus‘ spielen.“
Manu: „Ich war nicht der Einfachste“
Sportdirektor Carsten Wehlmann sagt gegenüber der F.A.S.: „Unser Wirbelwind hat Momente, in denen er außergewöhnliche Dinge tut. Das gibt dann der gesamten Mannschaft einen Push.“ Die Darmstädter Vorgänger von Lieberknecht taten sich schwer mit dem kleinen Außenbahnspieler. Wenn er mal Spielanteile erhielt, war er ein Spieler, der übermotiviert über den Platz raste, Konterchancen ausließ und oft eine falsche Entscheidung an die nächste reihte. Eine Leihe zurück zum Drittligaklub Halle tat ihm und seinem Selbstbewusstsein und Selbstverständnis gut.
Lieberknecht hatte erkannt, dass es besser ist, nicht zu versuchen, Manu zu bändigen, sondern ihn stattdessen richtig von der Leine zu lassen. Der Pfälzer kennt ihn noch aus dessen Juniorzeiten in Braunschweig. Dort war Manu gelandet, nachdem er zuvor aus den Jugendteams bei HSV und St. Pauli rausgeflogen war, wie er, der fast nie Interviews gibt, jüngst dem „Darmstädter Echo“ sagte: „Ich war nicht der Einfachste, schon ein kleiner Rabauke. Ich war wild unterwegs, habe ein bisschen gemacht, was ich wollte, und bin richtig auf die Fresse gefallen.“
Lieberknecht sagt: „Charakterlich hat er schon damals viel Willensstärke mitgebracht, war aber auch ungeduldig. Von einem in Braunschweig jugendlichen Spieler hat er sich aber weiterentwickelt, auch, weil er ein Stück weit auf eine Reise gehen musste.“
Heute ist er Stammspieler beim Zweitliga-Spitzenreiter, hat die Bundesliga vor Augen, besitzt einen Vertrag bis Mitte 2024 und ist ein Publikumsliebling in Darmstadt. „Er ist ein super energiegeladener Typ. Man freut sich einfach, wenn man ihm über den Weg läuft“, sagt Wehlmann. Welch Frohnatur Manu ist, davon kann sich jeder überzeugen in einem vom SVD veröffentlichten Video während des spanischen Trainingslagers. Da marschierte Manu mit einer Kamera durch das Hotel und schreckte allerlei Kollegen auf. An diesem Samstag hat er dies dann mit den Regensburger Gegnern vor, auf seine Art. Als Wirbelwind, der gerne mal wilde Maus spielt.