Wie erkläre ich’s meinem Kind? : Wie das mit dem Umweltschutz im Weltraum ist
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Aus dem Kreislauf geflogen: Weltraumschrott schwirrt in der Erdumlaufbahn umher (Simulation der Weltraumbehörde Esa) Bild: dpa
Die ersten menschlichen Spuren auf dem Mond sind in Gefahr, Satelliten – und sogar Astronauten: Rohstoffabbau, Tourismus und wachsende Müllberge drohen auch im Weltraum zum ernsten Problem zu werden.
Wem gehört eigentlich der Mond? Für kleine Kinder ist die Frage einfach zu beantworten: „Natürlich, dem Mann, der da oben wohnt!“. „Nein mir!“, werden jene Erwachsene sofort erwidern, die aus der Schublade ein Dokument hervorholen, das sie als Eigentümer eines kleinen Grundstücks auf dem Mond ausweist. Solch ein Zertifikat, das gerne zum Geburtstag verschenkt wird, kann jedermann erwerben.
Für Chinesen sind die Besitzverhältnisse auf dem Mond übrigens seit Urzeiten geregelt. Denn unser Trabant ist der feste Wohnsitz von Chang‘e, der Mondfee und ihrem treuen Begleiter Yutu, dem Jadehasen. Und so lag es auf der Hand, auch die jüngst auf der Rückseite des Mondes gelandete Sonde chinesischer Bauart samt Erkundungsroboter wieder nach den beiden mythologischen Figuren zu benennen. Chang‘e 4 und Yutu 2 sind aber nur die Vorhut. In ein paar Jahren will China Astronauten – Taikonauten genannt – zum Mond schicken.
Japan und Indien wollen mit eigenen Sonden folgen. Vor kurzem ist Israel vorgeprescht und hat als jüngste Raumfahrtnation seine erste eigene unbemannte Mondsonde gestartet: „Bereschit“, so ihr Name, soll im April landen. Zahlreiche private Firmen wollen mit Robotern Rohstoffe auf dem Mond oder auf Asteroiden schürfen. Andere Unternehmen planen, gut zahlende Weltraumtouristen zum Trabanten zu befördern. All diese Pläne sind möglich, weil der Mond wie übrigens alle Himmelskörper und der gesamte Weltraum zwar niemandem, aber im Grunde doch allen Nationen gehört. So haben es zumindest die Vereinten Nationen im Weltraumvertrag im Jahr 1967 beschlossen. Aber halten muss sich an die Vereinbarung, der immerhin hundert Staaten zugestimmt haben, keiner.
Der Weltraum verkommt zum Schrottplatz
Und das ist ein großes Problem. Denn es gibt damit auch kein verbindliches Weltraumrecht, bei dem jeder, der dagegen verstößt, mit Konsequenzen rechnen muss. Bei der amerikanischen Raumfahrtbehörde Nasa hat man zum Beispiel Angst um die Gegenstände und Fußspuren, die die Apollo-Astronauten vor fünfzig Jahren auf dem Mond zurückgelassen haben. Man fordert alle jene auf, die jemals wieder den Mond betreten sollten, doch bitteschön großen Abstand von den sechs Apollo-Landestellen zu halten. Roboter sollten die Orte weiträumig umfahren, da sie Gegenstände beschädigen, über Fußabdrücke rollen oder Staub aufwirbeln könnten, der noch funktionstüchtige Apparate verschmutzen würde. Schließlich müsse man auch auf dem Mond das Eigentum anderer respektieren. Doch daran muss sich keiner halten.
Das gleiche gilt für den Weltraummüll, der tonnenweise um die Erde kreist. Ausgebrannte Raketenstufen, Solarzellen, Bolzen, Schrauben und unzählige Fragmente und Schrottteilchen – entstanden bei Kollisionen und Explosionen von Treibstofftanks – bedrohen aktive Satelliten und auch die Astronauten der Internationalen Raumstation ISS. Rund 34.000 größere Objekte (größer als zehn Zentimeter) fliegen in der Erdumlaufbahn, nur rund zweitausend davon sind aktive Satelliten. Die Wissenschaftler, die den erdnahen Weltraum mit Radar und Teleskopen überwachen, zählen mehr als eine Million Fragmente, die größer sind als ein Zentimeter.
Schon ein ein Zentimeter großes Schrottteilchen entfaltet beim Auftreffen die Sprengkraft einer explodierenden Handgranate – wodurch ein getroffener Satellit funktionsunfähig werden könnte. Mehrmals im Jahr muss die Internationale Raumstation ISS einem anfliegenden Trümmerteilchen ausweichen.
Und die Gefahr ist groß, dass der Weltraum noch mehr zugemüllt wird. Zumal die privaten IT-Firmen nun begonnen haben, Kleinsatelliten in die erdnahe Umlaufbahn bringen, mit dem Ziel, ein weltraumgestütztes Internet und Mobilfunknetz aufzubauen. Es gibt bislang kein internationales Abkommen, das die Raumfahrtnationen oder die privaten Raumfahrtfirmen dazu verpflichtet, Müll zu vermeiden oder zu entsorgen.
In den vergangenen Jahren ist zwar das Bewusstsein für das Müllproblem im All gewachsen. Aber nur wenige Weltraumnationen wie Frankreich, Dänemark und die Schweiz haben bereits Gesetze zur Müllvermeidung und -entsorgung verabschiedet. Auch in Deutschland ist ein Gesetz in Vorbereitung. Die Europäische Raumfahrtagentur Esa will nun endlich die wichtigsten Raumfahrtnationen dafür gewinnen, verbindliche Richtlinien zur Vermeidung von Weltraummüll im fünfzig Jahre alten Weltraumvertrag der Vereinten Nationen zu verankern.
Um zu sehen, wie ein solches Gesetz praktisch aussehen und Verstöße dagegen geahndet werden könnten, haben sich hundertfünfzig Experten aus mehr als zwanzig Ländern in diesen Tagen in Darmstadt getroffen. Ginge es nach ihnen, könnte es eines Tages sogar eine internationale Müllabfuhr im All geben. Es ist höchste Zeit zu handeln, mahnen die Fachleuchte, damit die Raumfahrt auch in Zukunft noch möglich ist.
Eine illustrierte Auswahl von Beiträgen unserer Kolumne „Wie erkläre ich’s meinem Kind?“ ist bei Reclam erschienen.
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