Wie erkläre ich’s meinem Kind? : Was das Tolle an Wespen ist
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Zugegeben: Wespen sehen schon zum Fürchten aus. Bild: Picture-Alliance
Was nicht so toll an Wespen ist, weiß jeder, der schon mal im Sommer mit einem Kuchenstück im Garten saß. Dabei sind die Tiere eigentlich sogar ziemlich interessant. Man muss sie nur verstehen.
Es ist aber auch wirklich fies: Sie sind klein und hektisch, sie sehen zum Fürchten aus, es gibt sie in Massen, sie werden von vielen Sachen angelockt, mit denen wir uns den Sommer gern versüßen, und sie können stechen. Kein Wunder, dass Menschen Angst vor Wespen haben. Dabei macht die Angst, wie das eben manchmal so ist, die Sache nur noch schlimmer. Die Sache mit der Hektik zumindest und die mit der Gefahr, dass die Wespen uns stechen.
Vielleicht hilft es, einfach ein bisschen mehr über die Tiere zu wissen. Wespen sind nämlich ziemlich interessant. Und nützlich. Sie stehen sogar unter Naturschutz, weil sie so wichtig sind. Kann man kaum glauben, wenn man sie auf dem Balkon gar nicht von der Frühstücksmarmelade wegbekommt. Wer Wespen tötet oder sogar ihre Nester zerstört, muss ein Bußgeld zahlen, das, wenn es öfter vorkommt, in die Tausende gehen kann.
Was Wespen so nützlich macht? Dass sie andere Insekten erbeuten, Schädlinge, aber auch Fliegen und Mücken, und zwar in rauen Mengen. Es braucht fünfzehn bis zwanzig Meisenpaare, um die gleiche Menge an Insekten zu fangen wie ein großes Wespenvolk. Anders als Bienen füttern Wespen ihren Nachwuchs nämlich nicht mit Blütenstaub und Honig, sondern mit zerkauten Raupen, Maden und Insekten. Für Süßigkeiten interessieren sich nur zwei der Wespenarten, die bei uns vorkommen, allerdings zwei ziemlich verbreitete, wie gleich ihr Name andeutet, nämlich die Deutsche Wespe und die Gemeine Wespe – „gemein“ hat hier nichts mit „fies“ zu tun, sondern mehr mit „allgemein“, heißt also gewöhnlich. Mit Süßigkeiten ernähren diese Arten sich selbst, aber auch ihre Jungköniginnen. Die sind die einzigen in einem ganzen Wespenvolk, die den Winter überleben. Sie schlüpfen im Spätsommer, wenn auch viele Drohnen, also männliche Wespen, aufgezogen werden, paaren sich, werden mit zuckerreicher Nahrung für den Winter fit gemacht und suchen dann ein gut geschütztes Versteck.
Das ist der Grund, warum es im Sommer immer schlimmer zu werden scheint mit den Wespen: Ihre Nahrungssuche konzentriert sich immer mehr auf Süßes. Also auch auf unseren Kuchen, unser Marmeladenbrot, unsere Limo. Das nervt, aber es hilft nur eins: abdecken und aufpassen. Und sich nicht aus der Ruhe bringen lassen, um auch die Wespen nicht aus der Ruhe zu bringen. Wespen wirken nämlich nur so hektisch, wenn sie immer so hin und her fliegen, dabei sind sie eigentlich nur kurzsichtig und schauen sich, was sie interessiert, erst einmal aus verschiedenen Blickwinkeln an.
Nervös werden Wespen, wenn sie sich bedroht fühlen, aber wer wird das nicht? Wenn man fuchtelt, nach ihnen schlägt, sie in die Enge treiben will, dann werden sie aggressiv. Auch, wenn man sie wegpusten will, weil sie sich durch das Kohlendioxid in unserer Atemluft bedroht fühlen. Natürlich bringt sie am meisten auf, wenn man ihr Nest angreift. Oder wenn sie glauben, dass man ihr Nest angreifen will, weil man ihm aus Versehen zu nah kommt. Dabei können sich nicht nur Menschen an Wespen gewöhnen, sondern auch Wespen an Menschen. In einer Schule in Backnang soll es mal ein Hornissennest direkt über dem Eingang gegeben haben, die Hornissen sind einen halben Meter über die Köpfe der Schüler geflogen und haben sich von deren Raus-und-rein nicht nervös machen lassen. Umgekehrt haben auch die Menschen die Nerven behalten, und es ist nichts passiert.
Eine illustrierte Auswahl von Beiträgen unserer Kolumne „Wie erkläre ich’s meinem Kind?“ ist bei Reclam erschienen.
Zur VerlagsseiteDabei haben die meisten Menschen vor Hornissen, den größten bei uns vorkommenden Wespen, noch mehr Angst. Die stechen allerdings noch seltener als ihre kleineren Verwandten. Ihr Stich tut deshalb mehr weh, weil der Stachel größer ist. Dass drei Hornissenstiche einen Menschen töten können, ist ein Märchen. Und wenn man doch einmal von einer Wespe gestochen wird? Egal, von welcher Art: Es hilft ganz gut, den Stich zu kühlen oder eine halbe Zwiebel draufzulegen. Bei einem Stich im Hals aber, wenn man aus Versehen beim Trinken eine Wespe verschluckt hat, heißt es: sofort zum Arzt.
Wer Wespen im Garten hat, sollte ihnen in einem abgelegenen Bereich etwas altes Obst hinlegen. So werden sie vom Tisch weggelockt und gewöhnen sich schnell daran, dort etwas zu finden. Es gibt aber nicht nur Gerüche, von denen sie angelockt werden, sondern auch welche, mit denen man sie fernhalten kann. Pelargonien zum Beispiel, das ist eine Blumenart, können sie gar nicht riechen, aber auch ätherische Öle von Nelken, Eukalyptus oder Zitrone stoßen sie ab.
Und wenn uns doch mal eine zu nahe kommt? Dann hilft vielleicht ein ganz alter Trick, auch wenn alle wissen, dass dieser Trick eigentlich Quatsch ist. Er geht so: einfach nicht mehr bewegen und, ohne groß die Lippen zu bewegen, leise „sauer, sauer, sauer …“ sagen. Was daran Unsinn ist, ist klar: Wie soll die Wespe uns verstehen? Aber der Trick hat doch seinen Sinn: Wenn man ihn befolgt, konzentriert man sich nicht nur darauf, wie nervös einen so eine neugierige kleine Wespe machen kann. Und man macht zumindest nichts falsch, bis ihre Neugier sie weiterlockt.