: Siemens erhält seine eigene Banklizenz
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kön. MÜNCHEN, 6. Dezember. Nach langer Wartezeit hat der Siemens-Konzern nun eine schon im Sommer beantragte Banklizenz von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) erhalten. Dem Vernehmen nach nimmt die Bank ihre Geschäfte in Kürze auf.
kön. MÜNCHEN, 6. Dezember. Nach langer Wartezeit hat der Siemens-Konzern nun eine schon im Sommer beantragte Banklizenz von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) erhalten. Dem Vernehmen nach nimmt die Bank ihre Geschäfte in Kürze auf. Der Konzern hegt mit dem Ausbau des Finanzarms Siemens Financial Services (SFS), der seit jeher mit Finanzierungen das operative Geschäft begleitet, ehrgeizige Ziele. "Wir konzentrieren uns zunächst auf die Absatzfinanzierung, überlegen aber auch ein Einlagengeschäft für ausgewählte institutionelle Investoren und Kunden", sagte Roland Chalons-Browne, seit Februar Vorstandsvorsitzender von SFS dieser Zeitung.
Die Siemens Bank wird indes kein Institut mit einem Bankschalter für Privatkunden werden, sondern ausschließlich gewerblich ausgerichtet sein. Damit unterscheiden sich die deutschen von ihrem amerikanischen Konkurrenten General Electric, der mit seiner GE Capital Services auch umfangreiche private Bankdienstleistungen anbietet. Das Einlagengeschäft, mit dem Siemens direkt bei der Zentralbank ihre Guthaben ohne Einschaltung anderer Banken führen könnte, genießt derzeit noch nicht die höchste Priorität. "Für ein Einlagenkonto bei der Bundesbank gibt es noch keine konkreten Pläne", sagte Chalons-Browne. Doch kann ein Tagesgeldkonto bei der Bundesbank und der Europäischen Zentralbank direkt geführt werden, was die Flexibilität erhöht, vor allem aber Transaktionskosten spart. Das sind nicht selten die Motivationen, bei der Bafin eine Banklizenz zu beantragen, wie es Automobilhersteller praktizieren, die ihre Banken zur Absatzfinanzierung für Autokäufe einsetzen.
Die Energieversorger Eon und RWE hatten 2007 bereits eine Lizenz von der Bafin erhalten, um Risiken aus schwankenden Energiepreisen besser absichern zu können. Der MAN-Konzern betreibt seit Herbst 2008 Bankgeschäfte, um Kredite für den Kauf von Nutzfahrzeugen zu vergeben.
"Absatzfinanzierung spielt eine immer wichtigere Rolle", sagte denn auch der SFS-Chef. "Es gibt einen wachsenden Bedarf dafür in Deutschland." Da geht es etwa um Investitionskredite, die SFS nun Kunden für den Kauf von Produkten aus dem Siemens-Portfolio anbieten könnte; seien es Industrieanlagen, Windräder, Kraftwerke, medizintechnische Geräte, Beleuchtungssysteme oder Züge. Grund sei, für die unterschiedlichen Siemens-Bereiche weiter Wachstum zu generieren. Darüber hinaus soll mit der Banklizenz auch eine Optimierung der Finanzierung und der Liquiditätssteuerung für den gesamten Konzern erreicht werden. Siemens verfügt derzeit allein über Barmittel von 16 Milliarden Euro.
Bisher war SFS in diesem Bereich eigentlich nur die Leasingfinanzierung erlaubt gewesen. Eine Ursache für die Gründung der Siemens Bank sind die Erfahrungen aus der Wirtschaftskrise im vergangenen Jahr. "Zum Teil hängt das auch mit der Haltung der Geschäftsbanken zusammen, die seit der Finanzkrise mitunter nur zögerlich Kredite an unsere Kunden und Lieferanten geben - insbesondere in Wachstumsbranchen, deren Risikoeinschätzung schwieriger ist", sagte Chalons-Browne unverhohlen. Er gibt aber klipp und klar zu verstehen: "Wir sehen uns in erster Linie nicht als Konkurrenz zu den Banken, sondern wir wollen wie bisher eng und partnerschaftlich mit diesen zusammenarbeiten, zum Beispiel auch im Rahmen von größeren Kredittransaktionen." Vielmehr konkurriere der Konzern mit anderen Absatzfinanzierern und Leasinggesellschaften wie die von BNP Paribas, Unicredit oder Société Générale.
Der Hochlauf der neuen Bank wird nach den Ausführungen von Chalons-Browne offenbar langsam und kontrolliert erfolgen. In den nächsten drei Jahren soll die Siemens Bank ein Geschäftsvolumen von 1 bis 2 Milliarden Euro erreichen. Das aber wird nur ein Teil des zu finanzierenden Kundenbedarfs sein, weil es daneben noch andere Instrumente wie das Leasing gibt. Die Bank wird mit 250 Millionen Euro Eigenkapital ausgestattet. Das soll zunächst für ein Geschäftsvolumen von 1,3 bis 1,5 Milliarden Euro reichen, rechnete Chalons-Browne vor. Zum Vergleich: SFS hat im Geschäftsjahr 2008/2009 (30. September) mit einer Bilanzsumme von 11,7 Milliarden Euro operiert und wies eine stattliche Eigenkapitalrendite von 25,9 Prozent aus.
Gesellschaftsrechtlich wird die Siemens Bank GmbH, deren Vorsitzender der Geschäftsführung Chalons-Browne in Personalunion ist, als Tochtergesellschaft des Konzerns geführt, wird aber operativ an die SFS angebunden. Die Bank beginnt zunächst mit rund 100 Mitarbeitern, die vor allem aus dem Risikomanagement der SFS kommen. Nicht auszuschließen ist, dass die Siemens Bank später nach ihrer Etablierung das Finanzdach im Siemens-Konzern sein wird, unter das dann die SFS schlüpft.
Die Ziele gehen aber schon weiter. Zwar ist SFS schon im Ausland mit Absatzfinanzierungen tätig; dort, wo keine Banklizenzen erforderlich sind, etwa in Schweden, Großbritannien oder Frankreich. Doch schon heute gibt es weitergehende Pläne. "Es ist angedacht, dass die Siemens Bank nach dem Aufbau in Deutschland mittelfristig in andere Länder expandiert", kündigte Chalons-Browne an. Gedacht ist etwa an osteuropäische Länder, aber auch an aufstrebende Märkte wie Brasilien oder Russland.