Saif al Islam al Gaddafi : In der Wüste gestellt
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Ende einer Flucht: der gefangen genommene Saif al Islam al Gaddafi am Samstag in dem Flugzeug, das ihn nach Zintan brachte Bild: Reuters
Libyens neue Regierung hat Saif al Islam al Gaddafi - und dem Westen - einen fairen Prozess versprochen. Dann dürfte er stellvertretend für die ganze Familie vor Gericht stehen.
Saif al Islam al Gaddafi ist das Schicksal seines Vaters und seines Bruders Mutassim erspart geblieben. Die beiden waren am 20. Oktober nahe Sirte von den Soldaten der Übergangsregierung erschossen worden, der zweitälteste Sohn des Diktators wurde jetzt lebend gefasst. Verängstigt soll er gewesen sein. "Er dachte, dass wir ihn umbringen", sagte einer der Männer, die ihn nahe der Grenze zu Niger festgenommen hatten.
Abdurrahman al Kib, der Ministerpräsident der Übergangsregierung, versprach, es werde einen fairen Prozess geben, und nahm die Festnahme zum Anlass, den Blick in die Zukunft zu richten. Er hoffe, dass die Revolution damit beendet sei und der Aufbau eines neuen Staates beginne. Dieser solle sich durch Freiheit, Recht und Transparenz auszeichnen, erklärte der Professor in Tripolis.
In Libyen vor Gericht?
Noch befindet sich Saif al Islam aber gar nicht in der Obhut der noch jungen staatlichen Justiz. Denn die Miliz aus Zintan, die ihn in der Wüste aufgestöbert und festgesetzt hat, will ihn erst dann den Behörden aushändigen, wenn al Kib die Bildung seiner Regierung abgeschlossen hat. So lange soll Saif al Islam in Zintan bleiben, wohin ihn die Milizionäre nach seiner Verhaftung gebracht haben.
Zwar fügen sich inzwischen immer mehr Milizen, die während des Aufstandes gegen das Gaddafi-Regime eigenmächtig gehandelt hatten, der politischen Autorität des Übergangsrats und dessen Regierung. Aber vor allem die Milizen aus Zintan, ohne die im August die Eroberung von Tripolis nicht hätte gelingen können, haben in der Vergangenheit die Autorität der neuen Führung immer wieder in Frage gestellt. An sie gerichtet sagte al Kib, dass die Revolution nun beendet sei und ein neues Kapital aufgeschlagen werde. Der Westen redet derweil den neuen Machthabern ins Gewissen. Nun müssten sie durch korrektes rechtliches Verhalten und einen fairen Prozess ihre Fähigkeit zur Rechtsstaatlichkeit beweisen, sagte etwa der kanadische General Charles Bouchard, der Kommandeur des Nato-Einsatzes in Libyen war.
Entscheidend ist dabei nicht nur, wie der Prozess gegen Saif al Islam geführt wird, sondern auch an welchem Ort. Die Libyer wollen ihn in ihrem Land vor Gericht stellen, aber auch der Internationale Strafgerichtshof (ICC) sucht den Gaddafi-Sohn wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton forderte die libyschen Behörden zu einer Zusammenarbeit mit dem ICC auf, ähnlich äußerte sich auch der britische Premierminister David Cameron.
Der Justizminister der libyschen Übergangsregierung, Muhammad Alegi, deutete am Wochenende einen Kompromiss an. Er schlug vor, libysche Richter sollten in Anwesenheit internationaler Beobachter - also auch vom Internationalen Strafgerichtshof - über Saif al Islam und andere Repräsentanten des Regimes Gaddafi zu Gericht sitzen. Um das zu klären, reist in dieser Woche der Chefankläger aus Den Haag, Luis Moreno Ocampo, nach Tripolis.