https://www.faz.net/frankfurter-allgemeine-zeitung/imbissbude-knisternde-haehnchen-12557437.html

Imbissbude : Knisternde Hähnchen

  • -Aktualisiert am

Monika Eberspach arbeitet seit einem Vierteljahrhundert vor dem 200 Grad heißen Grill ihrer Imbissbude in der Pfalz. Trotzdem bekommt sie im Winter kalte Füsse.

          2 Min.

          Leise hört man die Hähnchen knistern, während sie im 200 Grad heißen, offenen Grill schmoren, der seine Wärme in den Wagen abgibt. Dazu kommt noch die Fritteuse, in der die Pommes zubereitet werden. Im Sommer wahrlich keine Freude für die Hähnchenverkäuferin Monika Eberspach, die den Imbisswagen „Moni’s Grillhähnchen“ seit 1989 führt.

          Mit ihren 64 Jahren steht sie kurz vor der Rente. Angefangen hat die kleine blonde Frau aus dem Rhein-Pfalz-Kreis mit einer Lehre zur Einzelhandelskauffrau. „Nach der Lehre fing ich in einer Metzgerei an. Nach ein paar Jahren wollte ich dann aber etwas anderes ausprobieren.“ So übernahm sie zusammen mit ihrem Mann ein Pfälzer Lokal. Moni, wie sie von vielen genannt wird, übernahm die Küche und konnte sich mit ihren Kochkünsten einen guten Ruf und viele Stammkunden erwerben, die heute noch gelegentlich an den Hähnchenwagen kommen.

          Die Stammkunden rauben Zeit

          “Das Problem mit Stammkunden ist, dass sie immer so lange sitzen bleiben“, sagt sie lächelnd. Die späten Arbeitszeiten brachten sie dann unter anderem dazu, das Lokal in ihrem 40. Lebensjahr aufzugeben. Sie stieß auf eine Annonce, in der Imbisswagen zum Verkauf angeboten wurden. „Als wir dann dort hinfuhren, gab es nur noch Hähnchenwagen. Am ersten Tag hätte ich diese Entscheidung schon fast bereut, als der Strom ausfiel und wir improvisieren mussten. So gab es dann halt frittierte Hähnchen“, erinnert sie sich mit einem Schmunzeln. Glücklicherweise nahmen die Kunden den Vorfall mit Humor, denn der Stellplatz in Lingenfeld wird auch heute noch einmal wöchentlich angefahren. Daneben steht der Wagen noch in drei weiteren Orten. Das ergibt 40 Arbeitsstunden in der Woche. Ein Vollzeitjob für die Mutter einer Tochter und Großmutter von zwei Enkeln.

          Pommes und Small Talk bis 18 Uhr

          hr Tag beginnt um halb acht, nachdem ihr Mann mit Hähnchen und Pommes vom Händler zurück ist. Dann werden die Salate portionsweise abgepackt, und der Wagen wird beladen. Um neun Uhr setzt sich der 3,5 Tonnen schwere Wagen in Bewegung. Am Stellplatz angekommen, müssen Grill und Fritteuse angemacht und die Hähnchen auf die Stangen gesteckt werden. Von kurz vor elf bis 18 Uhr werden die Kunden mit Pommes, Hähnchen, Chicken Nuggets, Salaten, Getränken und mit nettem Small Talk versorgt.

          Gereinigt muss der Wagen auch noch werden. „Zum Glück unterstützen mich meine Tochter, mein Mann und gelegentlich auch mein Enkel“, antwortet Moni Eberspach auf die Frage, wer in den Betrieb mit eingespannt ist. „Im Winter ist es zum Beispiel wichtig, dass das Fett schnell entsorgt wird, sonst wird es kalt und hart, und das erschwert das Reinigen.“

          Vielleicht entsteht eine Familientradition

          Während man im Sommer durch Grill und Sonne gnadenlos der Hitze ausgeliefert ist, entsteht im Winter ein anderes Kleidungsproblem. Im Rücken hat man den Grill, und von vorne kommt der kalte Wind. „Leider kann ich mich nicht wie ein Dönerspieß drehen, um beidseitig warm zu bleiben“, witzelt sie. Daraufhin fügt sie hinzu: „Trotz der Hitze im Sommer arbeite ich lieber in der warmen Jahreszeit. Die Leute sind viel freundlicher, und man kann sich in der Mittagspause ein Eis gönnen. Im Winter bekommt man nur kalte Füße.“ Nächsten Winter wird sie sich darum keine Gedanken mehr machen müssen. Nach 25 Jahren Hähnchenwagen wird sie den Wagen ihrer Tochter übergeben. Vielleicht entsteht hier eine Familientradition, denn auch die Enkelin spielt schon mit dem Gedanken, irgendwann in das Geschäft mit einzusteigen. Auf die Frage, ob sie in ihrem nächsten Leben wieder einen Wagen führen würde, antwortet sie: „Auf jeden Fall. Man kann trotz der harten Arbeit relativ gut davon leben, und man erfährt immer den neusten Dorfklatsch. Da ist man immer auf dem neusten Stand.“

          Topmeldungen

          Mitglieder von Verdi und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG während einer Demonstration in Leipzig.

          Lohnkonflikte : Verdi sucht Lösung, die EVG eher nicht

          Weil zwei Gewerkschaften auf einmal streiken, standen am Montag sowohl Nah- als auch Fernverkehr still. Bis Mittwoch könnte zumindest ein teilweiser Kompromiss gefunden werden.
          Israels Premierminister Benjamin Netanyahu nimmt an einer Abstimmung im israelischen Parlament teil.

          Nach heftigem Protest : Netanjahu setzt Justizreform vorerst aus

          Israels Ministerpräsident Netanjahu begründete die Aussetzung der Justizreform damit, dass er einen „Bürgerkrieg“ vermeiden wolle. Das Gesetzesvorhaben wird nun frühestens Ende April im Parlament zur Abstimmung vorgelegt.
          „Meine Geschichte habe ich nur in Frankfurt schreiben können“: Mike Josef hat es vom Flüchtlingskind bis zum Oberbürgermeister geschafft.

          Mike Josef im Interview : „Die Stadt ist keine One-Man-Show“

          Mike Josef (SPD) ist der erste Oberbürgermeister von Frankfurt mit einer Einwanderungsgeschichte. Er ist dankbar für diese Chance und will auch anderen Mut machen. Und er verrät, wie er die Stadt nun gestalten will.