Das Völkerstrafrecht auf der Kippe?
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Frank-Walter Steinmeier spricht beim Festakt zum 75. Jahrestag der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse im Nürnberger Justizpalast, 20. November 2020. Bild: dpa
In einem scheinbar unspektakulären Verfahren hat der Bundesgerichtshof Bedenken formuliert, die künftige völkerstrafrechtliche Verurteilungen in Deutschland unmöglich machen könnten. Am 28. Januar fällt sein Urteil. Ein Gastbeitrag.
Die Frage, über die der Bundesgerichtshof Ende vergangenen Monats in der Karlsruher Waldstadt verhandelt hat, wirft einen langen Schatten über das Völkerstrafrecht. Der 3. Strafsenat hatte den Generalbundesanwalt und den Verteidiger zur Erörterung einer völkerrechtlichen Grundsatzfrage in den Gerichtssaal seines temporären Ausweichquartiers geladen, von deren Beantwortung nicht weniger als die Zukunft des Völkerstrafrechts abhängt, in Deutschland und vermutlich auch darüber hinaus. Entsprechend gefüllt waren die coronabedingt allerdings sehr spärlich verfügbaren Plätze in den Zuschauerreihen.
Anlass der Verhandlung ist der Fall eines Offiziers der afghanischen Armee, dessen Taten im Umgang mit Gefangenen das Oberlandesgericht München als gefährliche Körperverletzung und Nötigung nach dem Strafgesetzbuch sowie als Kriegsverbrechen (Leichenschändung) nach dem Völkerstrafgesetzbuch angesehen hatte. Dass es sich hier um ein nach den Maßstäben des Völkerstrafrechts nicht besonders schweres Verbrechen handelte, zeigt sich an dem Strafausspruch: zwei Jahre, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden sind. Mit seiner Revision wollte der Generalbundesanwalt das Urteil des Münchener Staatsschutzsenats vor allem dahingehend korrigieren lassen, dass die Taten nicht nur als Körperverletzung, sondern als Folter einzuordnen seien. Die Verteidigung wollte eine Verurteilung wegen geringer Schuld abwenden. Hierzu waren bereits im Juli Argumente ausgetauscht worden.
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