Der Gamestop-Coup und das Kapitalmarktrecht
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Der Subreddit Wallstreetbets, von dem eine Rallye auf die Gamestop-Aktie ausging. Bild: AFP
Die Liebe zu Computerspielen, der Hass auf die Wall Street und die Mobilisierungseffekte des Internets haben sich zu einer explosiven Mischung verbunden, die die Märkte und das Recht vor neue Fragen stellt. Ein Gastbeitrag.
Was als Trading-Revolte aufmüpfiger Millennials gegen einen Hedgefonds begann, wächst sich derzeit zu einer veritablen Turbulenz am Kapitalmarkt aus: Privatanleger, die einen ihnen ans Herz gewachsenen (und aus ihrer Sicht unterbewerteten) Spielehändler namens Gamestop schützen wollen, verabreden sich auf der Plattform Reddit zum Angriff auf den Hedgefonds Melvin Capital. Der Fonds hatte zuvor in großem Umfang Leerverkäufe in der Gamestop-Aktie getätigt und damit auf einen fallenden Aktienkurs spekuliert. Die Privatanleger wollten das nicht hinnehmen. Sie riefen dazu auf, Gamestop-Aktien zu kaufen, um das Unternehmen zu retten – und um dem Hedgefonds zu schaden, der aus ihrer Sicht pars pro toto für alle unethischen und illegalen Finanztricksereien der Wall Street steht. In dem Wissen, dass Melvin Capital sich bei Fälligkeit seiner Leerverkäufe mit Gamestop-Aktien zum aktuellen Marktpreis eindecken muss, wurde der Kurs binnen eines Monats von 12 Euro auf 350 Euro in die Höhe getrieben. Viele Kauforders kamen dabei über die bei jungen Anlegern beliebten sogenannten Neo-Broker wie Robinhood an den Markt.
Damit machen die Anleger allerdings nicht nur Melvin Capital das Leben schwer, sondern bringen auch die Neo-Broker selbst in Bedrängnis. Robinhood wuchs das Geschehen am Donnerstagabend offenbar über den Kopf: Der Broker verfügte einen Ausführungsstop für sämtliche Kauforders in der Gamestop-Aktie. Verkäufe blieben jedoch weiterhin möglich. Das zeigte Wirkung: Der Kurs der Aktie brach zunächst auf etwa 108 Euro ein. Kurz zuvor eingestiegene Anleger erlitten Kursverluste. Dem Beispiel von Robinhood folgten andere Broker, in Deutschland z.B. Trade Republic. Am Folgetag wurde der Ankauf wieder ermöglicht, allerdings oft nur in stark begrenzter Stückzahl. Das beschriebene Phänomen ist nicht auf Gamestop begrenzt. Andere Aktien, wie die vom BlackBerry, Nokia und der amerikanischen Kinokette AMC, schossen ebenfalls nach breit angelegten Kauforders von Privatanlegern in die Höhe. Die hierdurch ausgelösten Turbulenzen sind längst nicht ausgestanden. Schon ist von einem Machtkampf zwischen Kleinanlegern und dem Wallstreet-Establishment die Rede.
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