Kriminologen brauchen ein Zeugnisverweigerungsrecht
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Zusagen zur strikten Verschwiegenheit sind unabdingbar für qualitative empirisch-kriminologische Forschungen Bild: dpa
In Karlsruhe ist die Verfassungsbeschwerde eines Professors der Rechtspsychologie nach Beschlagnahme seiner Forschungsdaten anhängig. Die Strafprozessordnung muss um ein Zeugnisverweigerungsrecht für empirisch forschende Kriminologen ergänzt werden.
Vor gut drei Jahren führte der Erlanger Professor für Rechtspsychologie Mark Stemmler eine von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Studie zu islamistischer Radikalisierung in Haftanstalten durch. Das Forscherteam suchte Inhaftierte auf, bei denen man Terrorismusbezug vermutete, und befragte sie nach ihrem familiären, kulturellen und religiösen Hintergrund; Straftaten sollten dabei außen vor bleiben. Ein Befragter war Untersuchungsgefangener in Bamberg. Die Forscher sicherten ihm – wie in kriminologischer und rechtspsychologischer Forschung üblich – Verschwiegenheit, Verschlüsselung und Anonymisierung der Daten zu.
Da jedes Gespräch mit Untersuchungsgefangenen der vorherigen richterlichen Erlaubnis bedarf, erfuhr die Generalstaatsanwaltschaft München davon. Sie ermittelte gegen diesen Gefangenen wegen des Verdachts früherer Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung. Es folgte ein Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss für das Institut des Forschungsleiters. Wegen der Verschwiegenheitszusage hatte er die Herausgabe von Unterlagen abgelehnt. Die Polizei beschlagnahmte Anfang 2020 Audiodateien und Schriftstücke und wertete sie aus.
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