Drohnentötungen und Völkerrecht
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Die Taliban als Völkerrechtssubjekt Bild: Reuters
Die Marginalisierung des Völkerrechts schreitet weiter voran. Das zeigt sich auch an der Ignoranz, mit der über die jüngsten Drohnentötungen in Afghanistan berichtet wird. Ein Gastbeitrag.
Es ist erstaunlich, mit welcher Unbekümmertheit dieser Tage über die US-Drohnentötungen in Zusammenhang mit Afghanistan berichtet wird. Das Völkerrecht scheint bei ihrer Beurteilung keine Rolle zu spielen. Seine schon früher hier beklagte Marginalisierung schreitet weiter fort. Dabei versteht sich Deutschland doch als völkerrechtfreundliche Nation und die völkerrechtliche Zulässigkeit solcher Tötungen ist alles andere als eindeutig.
Die partielle Völkerrechtssubjektivität der Taliban
Nach US–Lesart sind diese Operationen vom sogenannten Krieg gegen den Terror des „Islamischen Staats“ (IS) und mit ihm zusammenhängender Gruppen gedeckt. Es ist aber schon fraglich, ob es sich dabei überhaupt um einen „Krieg“ im Rechtssinne – also einen „bewaffneten Konflikt“ im Sinne des humanitären Völkerrechts (Recht des bewaffneten Konflikts) – handelt. Denn es geht nicht um militärische Maßnahmen gegen einen anderen Staat, sondern gegen einen nichtstaatlichen Akteur, der zudem transnational und als loses Netzwerk agiert. Nichtstaatliche Akteure erlangen grundsätzlich nur dann (partielle) Völkerrechtssubjektivität, wenn sie eine bestimmte territoriale Herrschaft ausüben und damit zu einem de facto Regime werden. Traditionell wurde das etwa bei kolonialen Befreiungsbewegungen mit entsprechender Gebietskontrolle angenommen; es trifft auch auf lokale Aufstandsbewegungen zu, die, wie die Taliban, nur territorial begrenzte Interessen verfolgen und – vor der eigentlichen Machtübernahme – begrenzte Gebietsherrschaft ausüben.
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