Eine neue Verfassung für Tunesien? Es droht ein autoritärer Drift!
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Paris, Frankreich am 22.06.2022: Tunesiens Präsident Kais Saied Bild: Reuters
Am 25. Juli entscheiden die Tunesier, ob das Land eine neue Verfassung erhält. Der Entwurf von Präsident Kais Saied setzt den Rahmen für ein autoritäres Politikmodell und die Abkehr von der parlamentarischen Demokratie.
Am 30. Juni 2022 veröffentlichte der tunesische Staatspräsident Kais Saied mit dem Präsidialdekret Nr. 578 einen Entwurf für eine neue Verfassung Tunesiens im Amtsblatt des Landes. Über dessen Annahme stimmt das tunesische Volk am 25. Juli 2022 per Referendum ab. Der Textvorschlag markiert den Höhepunkt eines durch den Präsidenten eingeleiteten verfassungsgebenden Prozesses seit dessen alleiniger Machtübernahme im Juli letzten Jahres. Mit einem Votum für dessen Annahme würden sich die Tunesier für die dann, nach den Verfassungen aus den Jahren von 1861, 1959 und 2014, insgesamt vierte Verfassung in der Geschichte ihres Landes entscheiden.
Inhaltlich sieht der von Kais Saied zur Abstimmung vorgelegte Verfassungsentwurf einen radikalen institutionellen Umbruch vor – die Suprastruktur des Landes wird mittels einer Präambel und 142 Artikeln, die in zehn Kapitel unterteilt sind, auf den Kopf gestellt. Innerhalb der tunesischen Gesellschaft polarisiert der Verfassungsentwurf. Die unterschiedlichen politischen Lager veränderten sich seit der Machtübernahme Saieds am 25. Juli 2021 kaum, auch wenn manche seiner einstigen Befürworter sich der zunehmend egozentrischen Vorgehensweise Saieds entgegenstellten.
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