Eine paradoxe Mischung aus Zynismus und Blauäugigkeit
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Jens Söring während eines Interviews im Gefängnis, 9. März 2011. Bild: Picture-Alliance
Der 1990 in den Vereinigten Staaten wegen Doppelmordes verurteilte deutsche Staatsangehörige Jens Söring wird nach Deutschland überstellt. Viele halten ihn für ein Justizopfer. Zu Unrecht. Ein Gastbeitrag.
Jens Söring, ein deutscher Staatsbürger, sitzt seit 1990 im amerikanischen Bundesstaat Virginia im Gefängnis. Er wurde wegen zweifachen Mordes an den Eltern seiner ehemaligen Freundin Elizabeth Haysom verurteilt. Söring beteuert seine Unschuld und hat einen bescheidenen, aber energischen Freundeskreis in den USA, darunter der Schauspieler Martin Sheen und der Bestsellerautor John Grisham. Auch Sörings Freundeskreis in Deutschland ist einflussreich; sein Fall hat Christian Wulff und sogar Bundeskanzlerin Merkel beschäftigt. Bei jeder Anhörung vor der Gnadenkommission Virginias sprachen sich deutsche Diplomaten für eine Überstellung Sörings nach Deutschland aus. Und tatsächlich hat die Kommission nun entschieden, den 53 Jahre alten Söring nach Deutschland abzuschieben und mit einem Wiedereinreiseverbot in die Vereinigten Staaten zu belegen. Seine damals wegen Anstiftung zum Mord zu 90 Jahren Haft verurteilte Lebensgefährtin Elizabeth Haysom soll ebenfalls aus dem Gefängnis entlassen werden.
Die Entscheidung wird von jenen, die Sörings Verurteilung für einen Justizskandal hielten, zweifellos als später Triumph und Sieg der Gerechtigkeit empfunden werden. Das ist sie auch, allerdings aus anderen Gründen, als seine Unterstützer glauben. Denn Jens Söring ist zweifelsfrei schuldig. An dieser Feststellung ändert auch die jetzige Entscheidung aus Virginia nichts; im Gegenteil stellen die Mitglieder der Gnadenkommission ausdrücklich fest, dass „die jahrelange, erschöpfende Untersuchung“ ergeben habe, dass „Sörings Behauptung seiner Unschuld keine Grundlage hat.“ Davon unabhängig sei die Freilassung von Söring und Haysom angesichts ihres „jugendlichen Alters bei der Tatbegehung, institutioneller Anpassungen und der Länge der verbüßten Haftstrafe“ angebracht. Beide hätten 33 Jahre für ihre „schrecklichen Verbrechen“ verbüßt und stellten heute keine Gefahr mehr für die öffentliche Sicherheit dar; ihre Entlassung und dauerhafte Ausweisung aus den Vereinigten Staaten sei zudem eine finanzielle Entlastung für die Steuerzahler Virginias.
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