Tunesiens undemokratisches Wahlgesetz
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Paris, Frankreich am 22.06.2022: Tunesiens Präsident Kais Saied Bild: Reuters
Am Sonntag wählen die Tunesier im zweiten Wahlgang ein Parlament, das zuvor seiner Befugnisse vorwiegend beraubt wurde. Die Wahl ist Teil eines staatlichen Umbauprozesses des Präsidenten, dessen Kern die eigene Machtakkumulation bei gleichzeitigem Abbau des parlamentarischen Systems ist.
Tunesien galt seit dem Arabischen Frühling von 2010/2011 als Hoffnungsträger eines innerstaatlichen und regionalen Demokratisierungsprozesses. Inzwischen regiert Präsident Kais Saied seit seiner Machtübernahme vom 25. Juli 2021 mittels Ausnahmezustand. Dieser basiert auf dem Dekret 117 über außergewöhnliche Maßnahmen, welches dem Präsidenten die legislative Macht überträgt und ihm ermöglicht, Gesetzestexte in Form von Dekreten zu erlassen. Laut Artikel 139 der seit Juli 2022 geltenden Verfassung findet das Dekret 117 in der Gesetzgebung Anwendung bis ein Parlament nach der Wahl seiner Mitglieder die Arbeit aufnimmt. Dies wird nach dem kommenden Sonntag der Fall sein. Dass damit der Ausnahmezustand aber auch tatsächlich – und nicht nur de jure – endet, ist angesichts der Entwicklungen der vergangenen Monate unwahrscheinlich.
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