China und Taiwan sind keine zwei Staaten
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Nancy Pelosi, Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, wird nach ihrer Ankunft am Flughafen von Taipeh von Joseph Wu, Außenminister von Taiwan, begrüßt. Bild: dpa
Der Besuch der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, rückte Taiwan in der vergangenen Woche wieder in den Fokus des politischen Interesses. Schnell wurden Parallelen zum Krieg in der Ukraine gezogen, die sich darin erschöpften, der Westen verteidige in beiden Fällen die Freiheit gegen autoritäre Regime. In einer solchen Argumentation kann man sich völkerrechtlich schnell verheddern.
Gemeinsamer Nenner der Konflikte im Fernen Osten und in der Ukraine ist aus völkerrechtlicher Sicht die Frage nach der Zulässigkeit einer Sezession und der Mittel, die gegen eine solche eingesetzt werden dürfen. Hier steht China der Ukraine näher als Russland. Was man bei der Ukraine für völkerrechtsgemäß erachtet, ist bei China nur schwerlich zu verdammen. Unterschiedliche Maßstäbe bei vergleichbaren Sachverhalten erlaubt das Recht nicht, will man nicht die Rechtsordnung infrage stellen.
Einige Politiker übersehen das. So spricht Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) von einem möglichen Überfall eines größeren Nachbarn auf einen kleineren und zieht einen Vergleich zum Angriff Russlands gegen die Ukraine. Damit impliziert sie, Taiwan sei wie die Ukraine ein eigener Staat. Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann verteidigt den Besuch von Frau Pelosi in Taiwan mit der Bemerkung, dass „dort ein freies Land sei und der Besuch einer amerikanischen Politikerin möglich sein müsse.“ Litauen hat gar eine Vertretung Taiwans zugelassen. Eine regelbegründete Politik, die immer wieder als Leitprinzip verkündet wird, setzt ein Wissen um die rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen zur Bewertung einer Situation voraus und verlangt ein sorgfältigeres Abwägen von Worten und Handlungen.
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