Die Grenzen des Rechts
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Ein Denkmal zur Erinnerung an den von deutschen Kolonialtruppen begangenen Völkermord an den Herero und Nama in Windhuk, Namibia, 4. Juni 2019. Bild: dpa
Den Herero und Nama stehen keine Ausgleichsansprüche für das unglaubliche Leid zu, das deutsche Soldaten ihnen Anfang des 20. Jahrhunderts angetan haben. Das heißt aber nicht, dass Deutschland sie nicht entschädigen sollte.
Deutsche Soldaten verübten in den Jahren 1904 bis 1908 in der damaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika einen grausamen Genozid an den indigenen Volksgruppen der Herero und Nama. Diese unumstößliche historische Tatsache hatte lange Zeit keinen Platz im öffentlichen Bewusstsein. Seitdem der deutsche Kolonialismus mit dem verlorenen Ersten Weltkrieg ein vergleichsweise frühes Ende fand, hat sich die deutsche Gesellschaft die längste Zeit in dem gemütlichen Irrglauben eingerichtet, dass es damit schon nicht so schlimm gewesen sei. Überlebt haben die „Hottentotten“ nur redensartlich – kaum einer weiß heute noch, dass es sich um ein rassistisches Schimpfwort für die Herero handelt. Unzählige ihrer Gebeine, damals für „rassekundliche“ Untersuchungen ins Reich verbracht, lagern heute noch an deutschen Universitäten und Forschungsreinrichtungen.
Die Herero und Nama haben bislang weder Entschädigungszahlungen noch auch nur eine offizielle Entschuldigung von der Bundesrepublik erhalten. Die Bundesrepublik verhandelt zwar schon seit 2015 mit der namibischen Regierung über einen Ausgleich speziell für den Völkermord, wobei ein Durchbruch zum Greifen nahe scheint. Das Thema ist in jüngerer Vergangenheit jedoch wieder deutlicher ins öffentliche Bewusstsein gerückt – wohl auch, weil es auf seltsame Weise mit den Restitutionsforderungen der Familie Hohenzollern gegen den deutschen Staat kontrastiert. Die rechtshistorische wie die völkerrechtliche Forschung haben sich indes schon seit Langem mit etwaigen Zahlungsansprüchen der Herero und Nama beschäftigt. Danach sind ihre Aussichten, für das erlittene Leid gerichtlich einen Ausgleich zu erstreiten, äußerst gering.
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