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New Work

Technology & Tools

Das Update
der Landwirtschaft

TEXT: MICHAEL HASENPUSCH

Die Digitalisierung als Mantra unserer Zeit bleibt oft nebulös: Was bedeutet es eigentlich, wenn etwas digitalisiert wird? Eine anschauliche und konkrete Antwort darauf bietet die Landwirt-schaft. Ein Besuch auf dem Lehr- und Versuchsgut Köllitsch in Sachsen.

Geduldig steht die Kuh mit der Nummer 72 auf dem Halsband im Halbdunkel einer Halle. Nach einem Klaps schiebt sie sich langsam ein Gatter entlang und weiß nicht, wie ihr geschieht. Wirklich nicht. Während Kuh Nummer 72 im Vorbeigehen links und rechts am Gitter schnuppert, wird sie von einer Antenne angefunkt und von einem Scanner abgetastet. Ein Chip, der an ihrem Ohr klemmt, beantwortet die Funkanfrage mit ihrer Nummer, der Scanner richtet seinen höchst indiskreten Blick auf die Dicke ihres Fettgewebes und andere körperliche Eigenschaften. Nummer und Bild des Tieres landen auf dem Bildschirm eines Laptops, der ihren Zustand mit dem „cow condition score“ zusammenfasst.

„Gut geht es der 72“, sagt Franziska Deißing nach einem Blick auf den Bildschirm. Für die studierte Agrarmanagerin und Mitarbeiterin im vom Bund geförderten Projekt „cow body scan“, kurz cbs, ist das ein Fortschritt für Mensch und Tier:

„Das System ermittelt den Gesundheitszustand der Kühe sozusagen im Vorbeigehen, und das berührungslos und ohne sie fixieren zu müssen. Das spart Zeit und hält auch den Stresslevel der Tiere niedrig.“

Das Entwicklungskonsortium des cbs, zu dem neben mehreren deutschen Soft- und Hardwareunternehmen auch das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie Köllitsch gehört, wurde dafür gleich zwei Mal ausgezeichnet: mit dem Innovations Award 2018 in Silber durch die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft und dem „Animal Welfare Award“ vom Bundesverband praktizierender Tierärzte.

Erwartungen an das „vermaschte“ Netz

Die digitalen Aktivitäten auf dem Lehr- und Versuchsgut Köllitsch (LUVG) gehen auf die Zukunftsinitiative „simul+“ zurück, die der Sächsische Staatsminister für Umwelt und Landwirtschaft, Thomas Schmidt, im August 2016 ausgerufen hat. Eine Säule dieser Initiative bildet das „simul+ InnovationHub“, unter dessen Dach Forschungseinrichtungen, Unternehmen und Verwaltung gemeinsam innovative Vorhaben realisieren. Rund 70 Kilometer nordwestlich von Dresden wird intensiv am Update der Landwirtschaft geforscht und gearbeitet: Sensoren, Netzwerke, künstliche Intelligenz, GPS-Satellitenortung und Drohnen sollen die Effizienz der landwirtschaftlichen Produktion steigern, während zugleich die Umwelt geschont, das Tierwohl geschützt und der Mensch bei seiner Arbeit entlastet wird.

Eine Technologie, an die hohe Erwartungen geknüpft werden, ist „5G“, die fünfte und neueste Generation des Mobilfunks. Im Juni 2019 wurde unter der Leitung der Technischen Universität Dresden zwischen Nossen und Torgau das 5G-Experimentierfeld „Landnetz“ eröffnet, das mit seiner Größe von 200 Quadratkilometern europaweit seinesgleichen sucht. „Ein großer Vorteil liegt im sogenannten ‚vermaschten‘ Netz, bei dem jedes Gerät gleichberechtigt direkt mit den anderen kommunizieren kann“, sagt Frank Heisig, Projektleiter Digitale Infrastruktur im Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie: „Damit eröffnen sich viele Möglichkeiten, die Land- und Forstwirtschaft sowie den Obst- und Weinbau zu optimieren.“ Auch Georg Prinz zur Lippe, Eigentümer des 60 Kilometer elbaufwärts gelegenen größten privaten Weingut Sachsens, „Schloss Proschwitz“, sieht darin großes Potential:

„5G-Netze können beispielsweise Daten zum Wasser- und Nährstoffhaushalt oder den Reifezeitpunkt der Beeren übermitteln und dazu beitragen, die Rebfläche nachhaltiger und effizienter zu bewirtschaften.“

Mehr Präzision auf dem Acker

Die Digitalisierung fordert auch von den Mitarbeitern neue Fähigkeiten. Das wird spätestens beim Blick in die „Pilotenkanzel“ eines Traktors klar, der auf einem Feld seine Bahnen zieht. Das klimatisierte Führerhaus ist gespickt mit Bildschirmen, Bedienungspanels, Knöpfen und Schaltern. LUVG-Landwirtschaftsmeister Nico Wolf lenkt per Joystick. Einer der Bildschirme zeigt den Acker vor dem Traktor und eine eingeblendete Linie, die dem sogenannten Parallelfahren dient: „Der Autopilot entlastet den Fahrer und sorgt für absolute Präzision bei der Gabe von Saat, Dünger oder Pflanzenschutzmitteln“, sagt Wolf.

„Precision Farming“, Präzisionslandwirtschaft, heißt die Idee hinter der Technologie. Daran arbeiten auch die drei Wissenschaftler vom Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik der Universität Leipzig, die gerade am Rand des Feldes ihre Drohne einpacken. Bis die Batterien zur Neige gingen, hat das Gerät im Flug ein Modell des Geländes kartografiert. Die Bilddaten der Drohne werden mit gemessenen Sensordaten zu Feuchtigkeit des Bodens, Lichteinfall und Temperatur kombiniert: „Eines Tages wollen wir durch Verbindung der Drohnenbilder mit Künstlicher Intelligenz die Bodenfeuchtigkeit und die Biomasse noch korrekter beurteilen können und damit den Zeitpunkt für Aussaat, Düngung, Pflanzenschutz und Ernte optimieren“, sagt Ingolf Römer, der zu diesem Thema an seiner Doktorarbeit arbeitet. Laut dem Deutschen Bauernverband setzte schon 2018 nahezu jeder zehnte Landwirt Drohnen ein: beispielsweise um Tiere vor Mähdreschern zu retten oder den Zustand von Böden und Pflanzen zu messen.

 

Alle Experimente, Demonstrationen und Tests auf dem Lehr- und Versuchsgut Köllitsch dienen nicht nur der Verbindung von Forschung und Industrie, sondern auch der Aus- und Weiterbildung. „Die Ergebnisse unserer Versuche lassen wir direkt in die Lehre einfließen, im vergangenen Jahr hatten wir über 3.500 Auszubildende und Praktiker hier“, sagt LUVG-Leiter Ondrej Kunze: „Wir zeigen ganz praktisch, was heute schon bei der Digitalisierung der Landwirtschaft geht und was nicht. Denn manche noch so smart klingende Innovation erweist sich nicht – oder vielleicht noch nicht – als praktikabel.“

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Quelle: New Work

Veröffentlicht: 09.10.2019 14:15 Uhr