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Zurück aus der „Veggie-World“ : Der Verzehr von Joghurt kann tödlich sein

Wieso jetzt auch noch Würste vegetarisch vegetieren müssen, erschließt sich dem höheren Geschmack nicht

Wieso jetzt auch noch Würste vegetarisch vegetieren müssen, erschließt sich dem höheren Geschmack nicht Bild: Frank Röth

Vegetarier essen keine Tiere. Wieso kommen sie dann aber vom Fleisch nicht los? Bei einer Vegetarier-Messe zeigt sich der ganze korrekte Nahrungswahnsinn.

          5 Min.

          Kunstfleisch ist in erster Linie ein Hoffnungsträger, da es die ökologischen Probleme unserer Welt lösen soll. Es ist aber auch eine praktische Angelegenheit: Das Fleisch hält monatelang, es muss nicht kühl gelagert werden, weshalb man es problemlos zum Zelten mitnehmen kann, ohne, dass es gammelt. Zudem lässt es sich leicht zubereiten. Man kocht das Schnitzel oder Gulasch zehn bis fünfzehn Minuten in Salzwasser, dann drückt man das Fleisch aus, als sei es ein Schwamm, auf diese Weise verliert es überschüssige Flüssigkeit. Am Ende würzt man es kräftig.

          Melanie Mühl
          Redakteurin im Feuilleton.
          Joachim Müller-Jung
          Redakteur im Feuilleton, zuständig für das Ressort „Natur und Wissenschaft“.

          Der Nachteil: Im Gegensatz zu einem Stück Kobe-Rind gehört Kunstfleisch nicht zu jenen Speisen, die man sofort bestellen möchte. Kunstfleisch assoziiert man weniger mit Genuss, sondern eher mit einer Dschungelcamp-Prüfung. Auf der Wiesbadener Messe „Veggie-World“, die in diesem Jahr zum zweiten Mal stattfindet, gibt es naturgemäß sehr viel Kunstfleisch in den unterschiedlichsten Varianten. An einem der zahlreichen Stände in den Rhein-Main-Hallen stapelt es sich zum Beispiel in Schnitzelform.

          Dieses Fleisch zergeht auf der Zunge

          Hinter dem Stand steht ein junger, freundlicher Mann. Das Soja, sagt er, komme aus Serbien und sei gentechnisch nicht verändert. Um den Wahrheitsgehalt seiner Aussage zu unterstreichen, zieht er ein Zertifikat aus der Schublade, das wie ein gewöhnlicher Brief aussieht und nicht wie ein offizielles Dokument. Was er nicht sagt ist, dass drei Viertel der Sojaprodukte auf dem Markt von gentechnisch veränderten Kulturen stammen, aus Nord- und Südamerika, aber auch aus Asien, und dass eine Garantie „gentechnikfrei“ wie Hohn wirkt, sobald man die Erzeugerkette nicht haarklein zurückverfolgen kann.

          Wie aber schmeckt Kunstfleisch? Ungewürzt schmeckt es ungefähr so aufregend wie Tofu, also nach nichts. Würzt man es, dominiert das Gewürz den Geschmack, was je nach Gewürz durchaus schmackhaft sein kann. Die Konsistenz von Kunstfleisch ähnelt in der Regel dem Fleisch, das in Seniorenresidenzen serviert wird. Es zergeht beinahe auf der Zunge. Bei Filetstreifen ist das delikat, bei einem Soja-Burger nicht.

          Fragwürdige Zitate

          Da die „Veggie-World“ 2011 mit mehr als 20.000 Besuchern ein unheimlicher Erfolg gewesen ist, ist sie in diesem Jahr noch größer als beim letzten Mal. Das Messe-Parkhaus ist vollbesetzt, die wenigsten Besucher scheinen öffentliche Verkehrsmittel oder ihr Rad genommen zu haben. So oder so, die Menschen kommen gerne. Die Messe vermittelt einem das Gefühl, dass man auf der moralisch richtigen Seite steht, dass man ein gutes, gesundes Leben führt, die Würde der Tiere achtet und im Sinne des Planeten handelt. Würden alle Menschen die entscheidenden Grundsätze befolgen, hätte es keinen BSE-Skandal gegeben, keine nitrofenverseuchten Eier und auch keine Keime in Hähnchenfleisch. So lautet der Subtext der Veranstaltung. Hier kommt kein Zweifel auf, wo die Grenze zwischen Gut und Böse verläuft.

          Auf einem Zettel, den die Besucher erhalten, steht Folgendes: „Obwohl die Messe in eine um 30 Prozent größere Halle gewechselt ist, war die Fläche bereits in ganz kurzer Zeit ausverkauft. Alle wirklich wichtigen Firmen sind in Wiesbaden präsent. Und die, die fehlen, haben offensichtlich kein Interesse an einem direkten Kundenkontakt. Der Leser kann jetzt ja einmal prüfen, welches Unternehmen zu diesen Abstinenzlern gehört und nur am Umsatz und weniger am Gespräch mit dem Konsumenten interessiert ist.“ Ein anderer Zettel zitiert den höchst umstrittenen „Dr. med. Rüdiger Dahlke“: „Milchprodukte und Fleisch sind nicht nur ins Gerede gekommen, sondern inzwischen als gefährlich überführt. Wenn auf Zigarettenschachteln steht: ,Rauchen kann töten’, gehört Ähnliches auch auf Joghurt Becher und Fleischpackungen.“

          Das Kunstfleisch wächst schon

          Der Sinn vegetarischer Ernährung ist ja der Verzicht auf Fleisch. Liest man jedoch die Namen der Lebensmittel - Geschnetzeltes, Wurst, Gulasch -, scheint es den Anbietern absurderweise darum zu gehen, das Gegenteil zu suggerieren. Aber warum soll ein Vegetarier eigentlich das Gefühl haben, Fleisch zu essen? Die Simulation von Fleischgenuss stiftet jedenfalls nur Verwirrung und funktioniert schon deshalb nicht, weil sich weder die Geruchs- noch die Geschmacksnerven überlisten lassen, indem man einem Haufen Soja ein Fleisch-Etikett aufklebt. Unser Gehirn hat die Information, wie ein Steak riecht und schmeckt, gespeichert. Es erinnert sich also. Soja spielt in dieser Erinnerungskette keine Rolle.

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