Radioastronomie : Der Quasar im virtuellen Himmel
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Die Lofar-Station von Tautenburg vor der Kuppel des 2-Meter-Teleskops der Thüringer Landessternwarte Bild: TLS Tautenburg/Michael Pluto
Ein Teleskop muss durchaus nicht wie ein Teleskop aussehen: Am kommenden Samstag wird Lofar („Low Frequency Arrays“), ein quer über den Kontinent reichendes „Radioteleskop der anderen Art“, in Betrieb gehen.
Die Radioastronomie hat in den vergangenen Jahrzehnten wesentlich zum Verständnis des Universums beigetragen. Zum Beispiel erschloss sich den Wissenschaftlern mit der Entdeckung des ersten Pulsars – eines pulsierenden Neutronensterns, der bei der Explosion eines massereichen Sterns entstanden war – im Jahr 1967 ein ganz neuer Forschungsbereich. Von wenigen Ausnahmen abgesehen ist dabei allerdings der langwellige, niederfrequente Radiobereich ausgeklammert worden, der besonders große Teleskope erfordert hätte, wollte man ebenso effektiv arbeiten wie in andern Spektralbereichen.
Für Bilder mit hoher Auflösung von kosmischen Objekten bei langer Wellenlänge benötigte man Radioteleskope mit Hunderten oder Tausenden von Kilometern Durchmesser. Dank einer Initiative des Niederländischen Instituts für Radioastronomie („Astron“) und der frühen Beteiligung einiger deutscher Astronomen ist die Lücke in jüngerer Zeit weitgehend geschlossen worden. Am kommenden Samstag wird den Astronomen bei Exloo in den Niederlanden ein europäisches, quer über den Kontinent reichendes „Radioteleskop der anderen Art“ – Lofar („Low Frequency Arrays“) – formal zur Nutzung übergeben. Zwar hat es seine endgültige Ausdehnung noch nicht erreicht, seine Bewährung aber schon bestanden. Es hat gerade das erste hochaufgelöste Bild eines mehrere Milliarden Lichtjahre von uns entfernten Quasars (3C 196) bei Radiowellen im Meterbereich geliefert.
Blick zurück
Mit Lofar wollen die Astronomen unter anderem erforschen, wann und wie schnell die ersten Sterne und Galaxien im Kosmos entstanden sind. Damals ionisierten diese Objekte den vorher neutralen Wasserstoff und schufen dabei charakteristische Muster. Der Wasserstoff, der aus der Urzeit des Universums stammt, ist das häufigste chemische Element im Weltall und im gesamten Kosmos verteilt.
Neutraler Wasserstoff sendet bei einer Frequenz von 1420 Megahertz entsprechend einer Wellenlänge von 21 Zentimetern Strahlung aus, die große Staubwolken praktisch ohne Absorption durchdringt. Mit der 21-Zentimeter-Astronomie konnte deshalb der Aufbau unserer Milchstraße samt der Lage ihrer Spiralarme genau erkundet werden. Bei Galaxien aus der Frühzeit des Kosmos, die Milliarden von Lichtjahren von der Erde entfernt sind, ist die Wellenlänge der Strahlung wegen der sogenannten Galaxienflucht in den niederfrequenten Meter-Bereich verschoben, der jetzt erschlossen werden soll.
Lofar ist als ein Radiointerferometer konzipiert worden, also als eine Anlage, die aus mehreren verhältnismäßig kleinen, über Hunderte von Kilometern verteilten Teleskopen zusammengeschaltet ist. Die Astronomen haben dabei eine überraschende und nebenbei preiswerte Variante verwirklicht, bei der die herkömmlichen Radioteleskope mit Parabolschalen durch einfache, primitiv erscheinende Antennenfelder ersetzt worden sind. An jedem Standort befindet sich je ein Feld aus 96 einfachen, von Rundfunkgeräten bekannten Dipolantennen für den Empfang von Strahlung zwischen 30 und 3,8 Meter Wellenlänge (10 bis 80 Megahertz Frequenz) und ein Feld aus 96 Zellen mit je vier mal vier Dipolen für 2,7 bis 1,2 Meter Wellenlänge (110 bis 240 Megahertz Frequenz). Der UKW-Bereich dazwischen ist ausgespart, weil die astronomischen Messungen dort zu stark gestört wären.
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