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Interview zur Kometenmission : „Philae scheint es sehr gut zu gehen“

  • Aktualisiert am

Leider nur eine Bildmontage: Der Felsspalt, in dem Philae klemmt, ist deutlich finsterer Bild: dpa

Das Landegerät Philae hat sich nach siebenmonatiger Sendepause wieder vom fernen Kometen 67P gemeldet. Über den Zustand des kühlschrankgroßen Gerätes und die geplanten Experimente haben wir den Projektleiter Stephan Ulamec vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt befragt.

          2 Min.

          Herr Ulamec, wie geht es dem Landegerät Philae auf dem Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko?

          Philae geht es erstaunlich gut. Die Daten, die wir bisher erhalten haben, zeigen, dass der Lander intakt ist. Die Elektronik funktioniert. Der Solargenerator arbeitet und liefert Strom. Der Lander ist erstaunlich warm. Die Daten, die wir in der Nacht zum Montag bekommen haben, zeigen, dass Philaes Temperatur um die minus fünf Grad beträgt. Ein Problem, das wir im Augenblick noch haben, ist der Funkkontakt zwischen Philae und der Raumsonde Rosetta, die den Kometen 67P umkreist und als Relaisstation dient. Deshalb haben wir begonnen, die Umlaufbahn des Orbiters zu ändern und die Höhe auf etwa 180Kilometer abzusenken. Wir bleiben etwa in der Position, in der die erste Verbindung Samstagnacht geklappt hat.

          Wie lange dauerten die Funkkontakte?

          Der erste Kontakt in der Nacht zum Sonntag dauerte nur 85 Sekunden, war dafür aber stabil. Der zweite Kontakt war mit vier Minuten etwas länger, dafür aber schwächer, mit vielen Unterbrechungen. Das Signal ist immer wieder verschwunden und dann immer wieder aufgetaucht. Wir haben dennoch genügend Datenpakete vom aktuellen Zustand von Philae erhalten. Wir hoffen, durch die Bahnkorrektur die Funkverbindung für einige Dutzend Minuten aufrechterhalten zu können.

          Wie viel Sonne bekommt Philae ab?

          Ungefähr drei Stunden lang pro Kometentag. Ein Kometentag dauert etwa zwölf Stunden. Die Beleuchtung nach der Landung im November vergangenen Jahres betrug nur eine Stunde und 20Minuten. Der Solargenerator liefert momentan etwa 24Watt. Das ist ausreichend, um den Lander betreiben zu können.

          Philae-Projektleiter Stephan Ulamec vom DLR
          Philae-Projektleiter Stephan Ulamec vom DLR : Bild: DLR

          Hatten Sie die Hoffnung schon aufgegeben, Nachricht von Philae zu bekommen?

          Nein, natürlich nicht. Wir wussten ja, dass die Bedingungen immer besser werden. Da der Komet der Sonne immer näher kommt, haben wir geahnt, dass Mai oder Juni der wahrscheinlichste Zeitpunkt sein wird, dass Philae erwacht.

          Wann wird sich der Lander wieder melden?

          Wir haben prinzipiell jeden Tag die Möglichkeit dazu. Am Mittwoch war die Flugbahn von Rosetta nicht so günstig, Philae konnte keine Verbindung zur Raumsonde herstellen. Ich rechne damit, dass sich der Lander an diesem Donnerstag und Freitag wieder melden wird. Dann werden wir schon näher an den Kometenkern herangekommen sein.

          Die genaue Stelle, an der Philae auf dem Kopf des Kometen niedergegangen war, ist nicht bekannt. Wissen Sie inzwischen, wo sich der Landeroboter befindet?

          Wir kennen den Standort von Philae seit der Landung auf dem Kometen am 12. November 2014 zumindest bis auf einige zehn Meter genau. Wir haben den Lander bislang nicht eindeutig auf Bildern des Orbiters identifizieren können. Es gibt einige Landerkandidaten auf den Aufnahmen.

          Wie geht es nun weiter?

          Wenn wir mehr Daten bekommen haben, wissen wir, was die vergangenen Tage mit Philae passiert ist, und wir können planen, was wir als Nächstes tun werden. Bei einer längeren Funkverbindung können wir die Instrumente ansteuern. Philae scheint es sehr gut zu gehen, ich bin ganz zuversichtlich.

          Welche Messungen wird man mit Philae ausführen? Welche Instrumente werden dazu aktiviert?

          Zunächst werden wir Instrumente betreiben, für die wir keine Mechanik benötigen, wie das Magnetometer und das Thermometer. Dazu gehören auch die Kameras. Aus den Bildern werden wir lernen, was sich getan hat und wie die Situation ist. Und wenn die Batterie aufgeladen ist, können wir daran denken, den Bohrer zu aktiveren und Bodenproben zu entnehmen.

          Philaes derzeitige Aufenthaltsort ist doch für Bohrungen ungünstig, da er offenkundig an einem Hang hängt. Lässt sich die Position des Landers korrigieren?

          Den Lander aufzurichten wird kaum gehen. Wir können Philaes Körper drehen. Das haben wir im November schon einmal getan, um die große Solarpaneele in Richtung Sonne auszurichten. Wir werden den Lander später noch einmal drehen, dass der Bohrer eine bessere Chance hat, in die Oberfläche einzudringen.

          Wie lange wird der Lander noch aktiv bleiben können in Anbetracht der steigenden Aktivität von 67P?

          Vielleicht bis September oder Oktober, falls sich nicht zu viel Kometenstaub auf den Solarzellen von Philae ablagert.

          Herr Ulamec, wir danken Ihnen für das Gespräch

          Die Fragen stellte Manfred Lindinger.

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