Himmelsschauspiel : Im Takt der schwarzen Venus
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Die Sonne mit mehreren Protuberanzen und der kleinen Venusscheibe. Vor allem die große Eruption ist gewaltiger als der gesamte Planet Venus Bild: AP
Der Venustransit am 6. Juni 2012 ist eines der seltensten Himmelsereignisse überhaupt - wer ihn verpasst, bekommt keine zweite Chance. Heute vor allem ein Highlight für Hobbyastronomen, spornten Venustransits in früheren Jahrhunderten ganze Forschernationen zu Höchstleistungen an.
Venus, unser Nachbarplanet im Sonnensystem, ist der hellste „Stern“ am irdischen Firmament. Nur Sonne und Mond übertreffen ihre Strahlkraft. Am Morgen des 6. Juni aber setzt sich die helle Venus auf recht ungewohnte Weise in Szene: als tiefschwarzer Fleck vor der Sonne. Zum letzten Mal im 21. Jahrhundert - und damit zum letzten Mal für praktisch alle heute lebenden Menschen - ereignet sich ein solcher Venustransit. Erst im Jahr 2117 wird sich das Schauspiel wiederholen. Während eines Transits tritt die Venus vor die Sonne und wirft ihren Schatten auf die Erde. Dunkel wird es bei dieser „Miniatur-Sonnenfinsternis“ aber nicht. Der Planet vermag gerade einmal ein Tausendstel der Sonnenscheibe zu bedecken. In Wirklichkeit fast so groß wie die Erde, ist die schwarze Venus aus knapp 40 Millionen Kilometer Entfernung gerade mit bloßem Auge zu erkennen. Sie kommt dabei der Erde nahe wie kein anderer Planet - ein Umstand, der den Venustransits vor Jahrhunderten eine herausragende Bedeutung für die Wissenschaft verschaffte: Das seltene Himmelsschauspiel galt einst als Schlüssel zur Vermessung des Kosmos.
Der elitärste Club der Astronomie
Seit der Erfindung des Teleskops Anfang des 17. Jahrhunderts gab es erst sieben Venustransits. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum ereigneten sich 628 totale und ringförmige Sonnenfinsternisse. Der erste dieser sieben Transits fand im Dezember 1631 statt und blieb gänzlich unbeobachtet: Johannes Kepler hatte das Zusammentreffen der beiden Gestirne zwar vorausgesagt, zu den entscheidenden Stunden aber war in Europa tiefe Nacht. Schon am 4. Dezember 1639 ergab sich die nächste Chance, dieses Mal beobachteten erstmals Menschen die schwarze Venus: die Engländer Jeremiah Horrocks und William Crabtree, beide „Hobby-Astronomen“ aus heutiger Sicht. Überrascht waren sie von der Größe des Nachbarplaneten, er erschien zehnmal kleiner als erwartet. Kepler selbst hatte die scheinbare Größe der Venus auf ein Viertel des Sonnendurchmessers geschätzt - damals ein erster Hinweis, dass das Sonnensystem weit größer ist als gedacht.
Für 120 Jahre bildeten Horrocks und Crabtree den elitärsten astronomischen Club aller Zeiten: Sie waren die einzigen Menschen, die jemals die kleine, kreisrunde Silhouette der Venus vor der hellen Sonnenscheibe gesehen hatten. Venustransits treten stets in Paaren auf, mit einem zeitlichen Abstand von genau acht Jahren. Zwischen zwei Transitpaaren vergeht jeweils mehr als ein Jahrhundert. Zwar überholt die Venus die Erde alle anderthalb Jahre, da sie sich auf einer engeren Bahn um die Sonne bewegt. Es kommt aber nur dann zu einem Transit, wenn sich bei einem solchen Überholvorgang beide Planeten entlang der Schnittlinie ihrer Bahnebenen befinden. In den meisten Fällen bewegt sich die Venus daher unbeobachtbar am Taghimmel an der hellen Sonne vorbei.
Das astronomische Urmeter