Exoplanet Fomalhaut b : Wenn ein Planet sich einfach auflöst
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Pseudoplanet: Künstlerische Darstellung der Kollision zweier Asteroiden Bild: Esa, Nasa, M. Kornmesser
Einer der ersten direkt beobachteten Exoplaneten ist verschwunden, das zeigen Beobachtungen des Hubble-Weltraumteleskops. Die Erklärung dafür ist spektakulär.
Fomalhaut b war einer der ersten Exoplaneten, den Astronomen direkt fotografieren konnten. Auf Bildern des Hubble-Weltraumteleskops aus den Jahren 2004 bis 2006 sah man ihn als hellen Lichtpunkt, der offenbar den 25 Lichtjahre entfernten Stern Fomalhaut im Sternbild Südlicher Fisch umkreiste. Doch nun hat sich der Himmelskörper aufgelöst – buchstäblich vor den Augen des Hubble-Teleskops und sehr zur Überraschung der Forscher.
„Ganz offensichtlich tat Fomalhaut b Dinge, die ein richtiger Planet nicht tun sollte“, meint András Gáspár von der Universität von Arizona, der die ungewöhnliche Beobachtung nun zusammen mit seinem Kollegen George Rieke in den „Proceedings“ der amerikanischen Nationalen Akademie der Wissenschaften veröffentlichte. Diese Aussage darf man als Untertreibung verstehen: Zwar ist es nicht ungewöhnlich, dass ein vermeintlich entdeckter Exoplanet nachträglich aus den Entdeckungslisten gestrichen werden muss. Grund dafür sind nicht selten Messfehler, die leicht zustande kommen, weil die Astronomen die Existenz der fernen Welten meist nur durch ausgefeilte Tricks aus winzigen Veränderungen im Licht ihrer Sterne ableiten können.
Doch die Hubble-Aufnahmen aus den Jahren 2013 und 2014, die Gáspár und Rieke nun präsentierten, zeigen eindeutig, wie sich der einstmals kompakte Lichtpunkt innerhalb weniger Jahre ausdehnte und dann selbst für das Hubble-Teleskop unsichtbar wurde. Statt auf einer Umlaufbahn um Fomalhaut bewegte sich das Objekt auf den neuen Bildern zudem auf einem Kurs, der ihn immer weiter von dem Stern fortführte. „Unsere Untersuchung der Hubble-Archivdaten brachte mehrere Details zutage, die zusammengenommen ein Bild zeichnen, in dem der vermeintliche Planet niemals existiert hat“, fasst Gáspár zusammen.
Das bestätigt einen seit 2012 gehegten Verdacht. Bereits damals begannen Astronomen an der Existenz des Planeten zu zweifeln, denn die Beobachtungen passten nicht recht zusammen: So hätte der Planet mit seiner abgeleiteten Masse, dem Dreifachen der Masse des Planeten Jupiter, den nahen Staubring durcheinanderwirbeln sollen, der den Stern Fomalhaut umgibt. Doch Astronomen fanden keinen Hinweis darauf.
Eine diffuse Wolke aus Staub
Auch reflektierte der vermeintliche Planet im sichtbaren Bereich des Spektrums das Licht seines Sterns hell und deutlich, strahlte aber nicht im Infrarotlicht. Normalerweise ist das bei großen Planeten in jungen Sternsystemen wie dem von Fomalhaut umgekehrt: Sie sind noch so warm, dass sie mehr eigene Wärmestrahlung aussenden als reflektiertes Sternlicht. Trotz größter Mühen gelang es aber nicht, Fomalhaut b mit Infrarotsatelliten aufzuspüren.
Dies und die Tatsache, dass er bereits auf in den Jahren 2010 und 2012 aufgenommenen Bildern merkwürdig aufgebläht aussah, ließen Fachleute spekulieren, dass sich der Planet in einer ausgedehnten Staubwolke verbirgt oder dass er von einem ausgeprägten Ringsystem umgeben sein könnte, ähnlich dem Planeten Saturn. Beide Theorien sind mit den nun veröffentlichten Bildern des vollkommen aufgelösten Objekts vom Tisch.
Die neue Erklärung, die den Beobachtungsdaten am besten entspricht und auf von Gáspár und Rieke durchgeführten Computersimulationen beruht, ist spektakulär: Statt eines festen Körpers war Fomalhaut b demnach von Anfang an eine diffuse Wolke aus Staub – entstanden kurz vor den ersten Hubble-Beobachtungen infolge einer gewaltigen Kollision zweier mehrere 100 Kilometer großer Asteroiden. Nur so lasse sich erklären, warum das Objekt auf den ältesten Bildern punktförmig aussah, erklärt Gáspár: „Diese Kollisionen sind extrem selten. Es ist also etwas ganz Besonderes, tatsächlich eine mitverfolgen zu können. Es scheint, dass wir mit dem Hubble-Teleskop zur rechten Zeit an den rechten Ort geschaut haben.“
Die Forscher kalkulieren, dass es im Fomalhaut-System etwa alle 200.000 Jahre zu einer derartigen Kollision kommt. Das ist weit häufiger als im Sonnensystem, aber immer noch so selten, dass es nicht gerade leichtfällt, an einen glücklichen Zufall zu glauben. Mit dem neuen James-Webb-Teleskop, dessen Starttermin mehrfach verschoben wurde und das nun frühestens im kommenden Jahr in den Weltraum befördert werden soll, hoffen die Astronomen, im Fomalhaut-System einen Asteroidengürtel zu finden, aus dem die beiden Kollisionsobjekte, die den Astronomen einen Planeten vorgaukeln konnten, womöglich stammten.