Astrophysik : Woher kommt die kosmische Strahlung?
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Modell des Detektors IcCube: Lichtsensoren eingeschmolzen im Eis der Antarktis Bild: IceCube
Lange galten Gammablitze als wahrscheinliche Quelle der energiereichen kosmischen Strahlung. Jüngste Messungen mit dem Neutrinoteleskop „IceCube“ lassen daran nun zweifeln.
Immer Ärger mit den Neutrinos. Erst vor kurzem machten die ungeladenen Teilchen, die jegliche Materie fast ungehindert durchdringen können, Furore, waren sie doch angeblich schneller unterwegs als das Licht. Schuld daran ist wahrscheinlich ein defektes Kabel an einer Messapparatur gewesen. Nun stellen Neutrinos ein gängiges Modell für die Entstehung der kosmischen Strahlung auf den Kopf. Mit dem Neutrinoteleskop „IceCube“ am Südpol hat eine internationale Forschergruppe zwei Jahre lang nach energiereichen Neutrinos aus sogenannten Gammastrahlen-Ausbrüchen, den Gamma Ray Bursts, gesucht - vergeblich. Zwischen 2008 und 2010 ist ihnen kein einziges dieser Teilchen ins Netz gegangen.
Kosmische Todesschreie
Gammastrahlen-Ausbrüche sind die gewaltigsten Explosionen, die Astronomen im Weltall beobachten. Astrophysiker glauben, dass viele der Ausbrüche „Todesschreie“ massereicher Sterne sind, die zu Schwarzen Löchern kollabieren. Dabei müssten starke Magnetfelder im Spiel sein, die die geladenen Teilchen der Umgebung auf höchste Energien beschleunigen. Die Gammastrahlen-Ausbrüche galten daher bislang als heiße Kandidaten für „kosmische Superbeschleuniger“ und damit als Ursprungsorte der energiereichen Teilchenstrahlung, die unseren Planeten ohne Unterlass bombardiert.
Rätselhafte kosmische Teilchen
Während der Löwenanteil der kosmischen Teilchenstrahlung eine mittlere Energie aufweist und von Sternen wie der Sonne stammt, so können einige Partikeln, Wasserstoffkerne zumeist, das Millionenfache der Energie besitzen, die in den leistungsfähigsten irdischen Teilchenbeschleunigern erreicht wird. Die Herkunft dieser energiereichen Teilchen ist immer noch rätselhaft, obwohl die kosmische Strahlung bereits vor einhundert Jahren entdeckt wurde. Gefährlich sind die energiereichen Teilchen aus dem All übrigens nicht: Das Magnetfeld und die Atmosphäre unseres Planeten bieten einen zuverlässigen Schutz.
Als kosmische Teilchenschleudern sollten Gammastrahlen-Ausbrüche massenweise Neutrinos aussenden, diese müssten gleichzeitig mit der Gammastrahlung auf der Erde eintreffen. Neutrinos entstünden, wenn die beschleunigten Wasserstoffkerne mit Lichtteilchen zusammenprallen. Während die elektrisch geladenen Kerne durch galaktische Magnetfelder auf verworrene Bahnen gezwungen werden, gelangen die ungeladenen Neutrinos auf direktem Weg zur Erde und weisen damit zum Ort ihrer Entstehung hin.
Die Nullmessung
Mehr als dreihundert solcher Gammablitze haben die Forscher von IceCube untersucht: „Immer dann, wenn am Himmel ein Gammablitz erscheint, werden seine Position und der Zeitpunkt der Explosion von Satelliten erfasst“ erklärt Christopher Wiebusch von der RWTH Aachen, Mitautor der in der Zeitschrift „Nature“ (Bd. 484, S. 351) veröffentlichten Studie. „Wir prüfen in den aufgezeichneten Daten nach, ob wir mit unserem Detektor in dieser Zeit ein Neutrino registriert haben, das aus der Richtung des Gamma-Ausbruches kam.“ Die meiste Zeit ist das nicht der Fall, denn fast alle dieser flüchtigen Neutrinos durchqueren die Erde, ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen. Dennoch hätten Wiebusch und seine Kollegen etwa acht Neutrinos aus allen untersuchten Gammablitzen erwartet. Gesehen haben die Wissenschaftler allerdings nichts.